http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0253
MAX KLINGER
NEUE SKULPTUREN
In seiner Schrift über Max Klinger als Bildhauer
erzählt Georg Treu, wie Max Klinger,
1886 mit der Beschaffung eines Kamins für die
Steglitzer Villa Albers betraut, nach Carrara
kam und dort in den Bannkreis der farbigen
Gesteine geriet. „Hier war es, wo der Anblick
eines schönen Blockes von Seravezza-
Marmor ihn so hinriss, dass er den Kopf
seiner Kassandra ohne Naturvorbild und ohne
Modell ,unmittelbar aus der Tiefe des Gemütes
' in Stein hieb. Das war Klingers erster
plastischer Versuch in Marmor."
Unsere Leser wissen, welche herrlichen
Werke wir seitdem der so plötzlich erwachten
Leidenschaft Klingers für farbigen Marmor
verdanken. Wir erinnern nur an die beiden
Halbfiguren der Kassandra (Abb. XI. Jahrg.
BADENDE
VON MAX KLINGER
H. 1) und der Salome (Abb. X. Jahrg. H. 5),
an die Amphitrite, das Drama und den plastischen
Schmuck des grossen Monumentalgemäldes
Christus im Olymp. Heute führen
wir eine Reihe neuer Skulpturen Max Klingers
vor, die (wie auch die im vor. Jahrg. S. 442
reproduzierte gewaltige Lisztbüste) im Laufe
der letzten Jahre entstanden und zum Teil
schon in Ausstellungen gezeigt worden sind.
Die Werke sind im einzelnen benannt: ein
badendes Mädchen, ein kauerndes Mädchen,
Leda mit dem Schwan (Relief), liegende weibliche
Figur, die Tänzerinnen, Athlet, Mädchenkopf
, Büste der Schriftstellerin Asenijeff.
Abgesehen von dieser Büste bewegen sich
diese Werke durchaus auf dem Gebiete rein
plastischen Empfindens. Klinger hat sich
Die Kunst für Alle XVII. 10. 15. Februar 1902.
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