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-*-4^> VON AUSSTELLUNGEN DENKMÄLER -C<^^-
Kircheninterieurs von Hermanns Annehmbares.
Der Schwede Oscar Björck lässt weitere Porträts
sehen, von denen die wenigsten geeignet erscheinen,
die Hochachtung vor seiner Künstlerschaft zu vermehren
. Nur in dem Porträt eines Bankdirektors, der,
von einer unsichtbaren künstlichen Lichtquelle beleuchtet
, in einem Sessel an einem Tischchen sitzt und
auf den Beschauer blickt, während man durch die
Fenster auf die Lichterreihen der Stadt schaut, und in
einem Bildnis des schwedischen Kronprinzen erkennt
man den überragenden Meister wieder, als der er in
Deutschland gilt. Grosses Interesse erregt ein neuer
»Zigeunertanz« des Spaniers Hermen Anglada.
Welche rassige Malerei! Vor einer gelbgraugrünen
Wand wiegt eine weissgekleidete, glutäugige Schöne
die Arme im Tanz. Neben ihr steht eine rotgekleidete
ausruhende Kollegin. Links von dieser
Gruppe ein paar schwarze Kerle, die die Mandoline
schlagen und mit grossen Händen den Takt der
Seguidilla klatschen. Die Zeichnung der Gestalten
lässt zu wünschen übrig, aber die Farben sind
wundervoll breit hingesetzt und geben in ihrem
Zusammenklang ganz die schwüle Glut der charakteristischen
Scene. Albert Welti's »Deutsche Landschaft
« und »Porträt meiner Eltern« sind bereits
von München her bekannt. Bei allem Respekt, den
man vor dem Talent des Künstlers empfindet, wird
man dennoch gewisse Bedenken gegen die Verzettelung
in allerlei kleinlichem Nebenwerk nicht los.
Man sieht die Notwendigkeit nicht ein und findet
das Naive, das in diesen Dingen liegen soll, vielfach
gesucht, wodurch der Eindruck der naiven
Schöpfung wieder aufgehoben wird. Charles Welti
hat sich von dieser Art erfreulich frei gemacht und
kommt zu sehr ansehnlichen künstlerischen Resultaten
. Ein weisser Hund auf dunkelgrauem Grunde,
ein paar Waldlandschaften mit aufleuchtenden Stämmen
sind bei aller guten Malerei nicht ohne persönliche
Note. Von deutschen Künstlern treten
in dieser Ausstellung noch Adolf Hengeler mit
ein paar seiner humorvollen Bildchen, unter denen
die »Idylle« mit dem bekränzten Faun und die von
einer rotgekleideten Hofdame bewachte »Königin im
Bade« besonders angenehm auffallen, Julie Wolf-
Thorn mit einigen in der Farbe stark zurückgestimmten
Porträts und Clara Siewert mit nicht
ungeschickt modern frisierten, aber doch sehr absichtlichen
symbolistischen Bildern hervor. — Paul
Cassirer führt in seinem Kunstsalon eine Reihe
von Werken des verstorbenen, höchst originellen
Belgiers Vincent van Gogh vor. Eine merkwürdige
Erscheinung dieser Impressionist, der durch die
Manier, die Farbe mit einem Pinselaufdruck dick
hinzusetzen, die Natur stilisiert. Die prächtige naturalistische
Wirkung, die sich trotz dieser Manier er-
giebt, beruht auf dem feinen Gefühl van Goghs für
Richtigkeit und Wahrheit der einzelnen Farbe. Seine
Bilder leuchten und funkeln und haben dabei doch
einen wundervollen warmen klangreichen Ton. Was
in der Nähe wie grobes Mosaik aussieht, schliesst
sich in einer gewissen Entfernung zu Formen und
Körpern zusammen, um die Licht und Luft in lebendigem
Wechsel spielen. In seiner Malerei paaren
sich die Raffinements der Neo-Impressionisten mit
der gesunden brutalen Kraft der Norweger. Die
bemerkenswertesten unter den hier vorgeführten
Bildern sind ein »Bootsplatz« unter grünen Bäumen
mit ein paar Figuren, die von dem in der Sonne
blitzenden Wasser angestrahlt werden ; eine »Premier
pas« betitelte Scene mit einem knieenden, seinem
von der Frau geleiteten Kinde die Arme entgegenstreckenden
Bauer im Garten unter grauem Himmel;
ein »Spitalsaal« mit braungelben Dielen und grünen
Vorhängen und ein »Stilleben« von Sonnenblumen
und orangefarbenen Georginen in einer Vase auf
gelbem Hintergrund. Diese Bilder möchten, unter
andere Bilder gehängt, diese mit ihren mächtigen
Farben und der sich trotz alledem einstellenden
geschmackvollen dekorativen Wirkung völlig totschlagen
. Es spricht ein ungewöhnliches Talent
daraus. Weniger entschieden kann man sich über
die Begabung Alfred Kubin's aussprechen, der
eine grosse Reihe von getuschten Federzeichnungen
ausstellt. Man denkt vor seinen Sachen sofort an
Goyas Caprichos und Tauromaquia und wird sich
nicht darüber klar, ob die groteske Phantasie, die
sich da äussert, nicht etwa nur die Unfähigkeit verbirgt
, Normales zu geben. Man kann nicht beurteilen
, ob diese Verzerrungen Absicht oder Notwendigkeit
sind. Aber gleichviel: Es ist ein dämonisches
Etwas in diesen Blättern, das packt und Eindruck
macht. Das Blatt »Grausen« mit dem Totenschädel
, aus dessen einer Augenhöhle gleich einer
ungeheuren Blase ein stierendes Auge quillt, das
Blatt »Der Mensch und die Gesetze der Natur« —
man sieht ein zitterndes Geschöpf zwischen den
Pranken eines grossmächtigen geierköpfigen Wesens
mit blutdürstigen Augen — ferner »Die Schande«,
»Die Wissenschaft« sind Schöpfungen, die man nicht
so bald vergisst und die schwachnervige Personen
leicht schaudern machen können. Und technisch
sind diese Sachen in ihrer Einfachheit, mit dem
steten Gegensatz von Hell und Dunkel auch
hierin an Goya erinnernd — sehr ansprechend.
Jedenfalls ist Kubin ein Künstler, an dem man nicht
ohne weiteres vorübergehen darf. H. R.
DENKMÄLER
JENA. Für ein Ernst Häckel-Denkmal wurde, bereits
im Jahre 1894, von einem Verehrer des
Forschers der Betrag von 60000 Mk. gestiftet. Wie
jetzt bekannt wird, ist dem Berliner Bildhauer Harro
Magnussen der Auftrag geworden, das Bildwerk
zu Lebzeiten Häckels nach der Natur fertigzustellen,
doch soll es erst nach dessen Tode vor dem hiesigen
Zoologischen Institut zur Aufstellung kommen.
OERLIN. Prof. Gustav Eberlein hat seinen
neuen Entwurf zum Richard Wagner-Denkmal
bereits vollendet, er hat die Billigung des Kaisers
gefunden: das für die Ausführung nötige Thonmodell
ist sofort vom Künstler in Angriff genommen
worden. Der neue Entwurf zeigt die Gestalt des
Dichterkomponisten, barhäuptig auf einem gedrungenen
romanischen Postament. Nach links blickend,
sitzt er auf einem reichen, ornamental geschmückten
romanischen Sessel, über dessen Rücklehne der
Mantel fällt. Die Architektur erhebt sich auf drei
Stufen. Das viereckige Postament zeigt einen Untersockel
und darüber auf seinen Flächen von kleinen
romanischen Säulen getragene Bögen. Vorn schreitet
von links her die Gestalt Wolfram von Eschenbachs
auf den Stufen heran, huldigend zur Figur
Wagners aufblickend, Tannhäuser ist am Sockel
niedergesunken. Auf der entgegengesetzten Seite
sieht man die Walkürengestalt Brünnhildens, in der
Klage um den getöteten Siegfried. An der Rückseite
rundet sich das Postament, hier erscheint von
den an Felsen aufschäumenden Wellen getragen,
eine der Rheintöchter, mit der rechten Hand den
Bart des Alberich zausend. — Die Ausführung des
in Neuwied zu errichtenden Denkmals für Friedr.
Wilh. Raiffeisen, den Begründer des ländlichen Genossenschaftswesens
, wurde dem hiesigen Bildhauer
Arnold Künne übertragen.
Redaktionsschluss : 18. Januar 1902. Ausgabe: 30. Januar 1902.
Herausgeber: Friedrich Pecht. — Verantwortlicher Redakteur: Fritz Schwärtz.
Verlagsanstalt F. Bruckmann a.-g. in München, Nymphenburgerstr. 86. — Druck von Alphons Bruckmann, München.
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