Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 5. Band.1902
Seite: 330
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-^5> DIE GRENZBOTEN UND DIE MODERNE KUNST C^=^

Schliesslich glaubt er, dass die Schulverwaltungen
gescheit genug sein würden, auf diesen »Unsinn«
nicht hineinzufallen.

Es ist freilich schmerzlich, zu sehen, dass andere
Verleger den Geist der Zeit besser erfasst haben
als man selber, dass sie in die Zukunft schauen,
während man selbst den Blick in die Vergangenheit
gerichtet hat. Es ist empörend, mit ansehen zu
müssen, wie bei Gelegenheit des Dresdener Kunsterziehungstages
im vorigen Jahre nicht weniger als
zweihundertfünfzig Männer der verschiedensten Berufskreise
, Ministerialbeamte, Schulräte, Museumsdirektoren
, Künstler, Universitätsdozenten und Lehrer
zusammenkamen, um ganz ernsthaft über diesen
»Plunder« zu beraten und den Verlegern ihren Dank
abzustatten, dass sie die Kosten nicht gescheut
haben, dem Volke wahre Kunst zu billigem Preise
zu bieten. Und erst recht schmerzlich ist es, zu
sehen, wie die Direktion des Leipziger Buchgewerbevereins
, also einer Korporation, der man vermutlich
selber angehört oder wenigstens nahesteht,
diesen »Plunder« auf Reisen schickt und unter dem
Namen »Die Kunst im Leben des Kindes« in allen
grösseren Städten Deutschlands ausstellt. Man begreift
, dass das Gefühl, immer mehr ins Hintertreffen
zu geraten, selbst einen sonst harmlosen Verleger
aufbringen muss. Vielleicht setzt sich Herr
Grunow über diese Verunglimpfung der Unternehmungen
seiner Kollegen bei Gelegenheit der
Cantate-Messe mit diesen selber auseinander. So
etwas Aehnliches wie eine Anwaltkammer wird es ja
wohl auch bei den Buchhändlern geben. Wir wollen
uns in diese Auseinandersetzung nicht einmischen.

Herr Grunow meint, ich hätte es glücklich fertig
gebracht, mich zwischen drei Stühle zu setzen, nämlich
den Kaiser, die älteren Künstler und die
Modernen, die alle nicht mit mir zufrieden sein
würden. Darauf habe ich zu erwidern: Ich schreibe
meine Artikel nicht, um mich auf irgend einen
Stuhl zu setzen, — ich sitze ja schon - - sondern
um das, was ich für wahr halte und was nach meiner
Ansicht auch für andere wichtig ist, ohne persönliche
Rücksichten zu sagen. Soviel aber kann ich
Herrn Grunow versichern, dass ich ihn um das
Stühlchen, auf dem er sitzt, nicht beneide.

Als ich den Artikel »Philistertum und Kunst«
las und in seine einzelnen Teile zerlegte, da hatte
ich das Gefühl, dass er nur von einem geradezu
antediluvial rückständigen Verfasser geschrieben
sein könnte. Ich kam mir vor, wie sich etwa ein
Geolog des zwanzigsten Jahrhunderts vorkommen
muss, wenn er die in einem Jurasteinbruch gefundenen
fossilen Reste eines Ichthyosaurus präpariert.
Und mit Vergnügen erinnerte ich mich der witzigen
Verse von Viktor Scheffel:

Es rauscht in den Schachtelhalmen,

Verdächtig leuchtet das Meer,
Da schwimmt mit Thränen im Auge

Ein Ichthyosaurus daher.
Ihn jammert der Zeiten Verderbnis,

Denn ein sehr bedenklicher Ton
War neulich eingerissen

In der Liasformation.

Ja ja, er hat Thränen im Auge, der Ichthyosaurus
Grunow!

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