http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0383
philipp otto schafer
Frühjahr-Aasstellung der Münchener Luitpoldgruppe
h erbstfeier
MUNCHENER FRÜHJAHR-AUSSTELLUNGEN
Von Dr. Georg Habich
IL: LUITPOLDGRUPPE
Bedeutete die ,,Frühjahr- Secession", wie
wir sahen ein wackeres Fortschreiten auf
neuen Bahnen, so ist auch auf den länger
betretenen, wohlgebahnten Wegen der Münchener
Kunst kein Stillstand. Beweis dafür die
kleine Ausstellung, welche von der Luitpoldgruppe
, wie seit einigen Jahren so auch heuer
wieder im Vorfrühling in der Galerie Heinemann
veranstaltet wurde. Gediegene Reife
und Geschmack ist hier zu Hause; Leichtigkeit
und Eleganz ersetzen, was an jugendlicher
Frische und kühnem Wagemut etwa der Secession
gegenüber vermisst werden könnte.
Was bei einem Vergleich mit der Secession
als Unterscheidungsmoment vielleicht zuerst
ins Auge fällt, ist — rein stofflich genommen
das stärkere Hervortreten der figürlichen
Komposition idealen, d. h. von der Natur abstrahierenden
, Stils und andererseits, vom allgemein
künstlerischen Standpunkte aus gesehen
, das bestimmte Betonen des Bild-
mässigen und kompositionell Abgeschlossenen,
selbst in den unmittelbar vor der Natur gemachten
Sachen, an denen, wie gleich bemerkt
sei, im übrigen kein Mangel ist.
Ein beharrliches Streben, zu einem neuen
Stil für grossfigurige Malerei zu gelangen,
giebt sich in den sorgfältig durchgeführten
und fein ausgeglichenen Arbeiten Philipp
Otto Schäfer's kund. Nicht eigentliche
Bilder, sondern Dekorationsstücke, bilden
diese Schilderungen aus dem antik-idyllischen
Dasein, „da Götter und Göttinnen
liebten", eine Renaissance, darf man wohl
sagen, jenes aus antikisierenden und michel-
angelesken Elementen gemischten Genres,
das seinen ernstesten Vertreter in Genelli
gefunden hat. Wer hätte gedacht, dass sich
dieses längst totgesagte Genre mit frischem
Leben füllen Hesse, dass diese Motive, die
einem akademisch-kalten Formalismus ihr Dasein
zu verdanken schienen, fruchtbar werden
könnten für einen modernen Künstler, der den
menschlichen Körper keineswegs nur vom
Die Kunst für Alle XVII. 15. 1. Mai 1902.
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