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schiedenen Parteien auf engem Raum höchst
problematisch erscheinen lassen.
Aber ich brauche mich auch bei dieser
Frage nicht länger aufzuhalten, denn es giebt
andere Argumente, um, wenn nicht die Berechtigung
, so doch die Notwendigkeit der
Herstellung von Kombinationsdrucken anzufechten
. Ein Blick auf den Entwicklungsstandpunkt
, den jede einzelne der graphischen
Techniken für sich allein heute bereits erreicht
hat, lehrt, dass sowohl Metallätzung
wie Holzschnitt einen Teil des Vorsprungs
eingeholt haben, welchen der Steindruck bisher
in Bezug auf die Farbenwiedergabe vor
ihnen voraus hatte. Emil Orlik hat die ganze,
vielbewunderte technische Geschicklichkeit,
mit welcher die Japaner den Holzstock bearbeiten
, nach Europa importiert. Ernst Neu-
mann's Behandlung derselben Technik beweist,
dass sich mit derselben auch Beleuchtungsproblemen
und Farbenstimmungen in ähnlichem
Sinne beikommen lässt, wie sie sonst
mit Vorliebe durch den Steindruck übertragen
wurden, und Albert Krüger's Reproduktionsblätter
wagen sogar einen nicht erfolglosen
Wettstreit mit der Oelfarbe.
Besonders ist es aber der Kupferdruck,
welcher in der allerletzten Zeit einen ganz
überraschenden Aufschwung genommen hat.
Auch in Deutschland haben manche Graphiker
mit mehreren Kupferplatten für dasselbe
Papier gewirtschaftet. Alfred Souci
und Heinrich Wolff zeigten jüngst Blätter,
welche bereits über das Stadium der tastenden
Versuche hinausgehen, die ihnen von verschiedenen
Seiten vorhergeschickt wurden. Aber
die entschiedensten Steigerungen des Begriffs
Metallfarbendruck sind doch auf französischem
Boden anzutreffen. Die Pariser Eaufortisten
haben die Grenzen ihres Handwerks in kurzer
Zeit so erstaunlich erweitert, dass man die
Möglichkeit ins Auge fassen muss, sie könnten
einmal die Beweglichkeit der Farbenlithographie
einholen. Diese Blätter zeigen nichts
mehr von der Aengstlichkeit früherer Versuche.
Manche Künstler drucken mehrere Farben
von einer einzigen Platte. So haben es besonders
Alfred Müller und Manuel Robbe ge-
than. Andere, wie z. B. Jeanniot, haben die
Schwierigkeit des mehrfachen Uebereinander-
druckens verschiedener Platten überwunden,
welche beim Kupferdruck bedeutender sind
als bei der Lithographie. Sie sind den Deutschen
in dieser Beziehung vorangegangen.
Auf beiden Wegen sind mehrfache Farbenzusammenstellungen
erreicht worden, welche
zwar der Stärke koloristischer Wirkungen
noch nicht gleichkommen, über welche der
Steindruck verfügt, die aber doch abgekürzte
Umschreibungen von Natureindrücken in ähnlichem
Sinn wie jene bis jetzt noch in diesem
Punkte ausdrucksfähigere Technik erzielten.
Zuletzt hat dann Guerard die Farbenstärke
einzelner Nuancen ausserordentlich gesteigert
und hat damit bewiesen, dass auch nach
dieser Richtung die Möglichkeiten für den
Kupferdruck durchaus nicht abgeschlossen
sind.
Je mehr demnach die Ausdrucksfähigkeit
der einzelnen Technik steigt, desto besser
wird sie im stände sein, allen Anforderungen
allein gerecht zu werden, ohne sich Gehilfen
zu suchen, welche nicht anders denn als
Nebenbuhler angesehen werden können. Es
kann recht gut vorgestellt werden, dass ein
Graphiker nicht von allen neuen Möglichkeiten
Gebrauch macht, noch machen will.
Er verschmäht vielleicht jenes Spiel mit den
Schwierigkeiten, in welchen die Virtuosen
der Technik gerade ihren Genuss finden.
Aber auch jener, der von seinem Griffel nur
die ausdrucksfähige, nicht aber die raffinierte
Mache verlangt, wird sich vor dem Eingeständnis
hüten, dass er Dinge habe machen
wollen, die über sein technisches Können
hinausgingen. Und ein derartiges Bekenntnis
liegt in der Verbindung mehrerer Techniken
von dem Augenblick an, wo von anderer
Seite der Beweis geliefert ist, dass mit jeder
einzelnen die geforderte Wirkung erreichbar
wäre. Darum vermute ich, dass mit der
weiteren Verbreitung solcher Beweise der
Zunftehrgeiz der Graphiker sich die Kombinationen
verbieten wird. Ein Vergleich
lässt sich machen mit dem Vorkommen der
Handübermalung von Schwarzdrucken. Sie
wurden immer da fallen gelassen, wo der
Farbendruck auftauchte. So hörte in Japan
das Kolorieren der Holzschnitte auf, als
Shigenaga seine Erfindung des Drucks mit
mehreren Platten machte, und darum verschwanden
auch in Europa die Aquarell-
übermalungen der Lithographien, welche
noch Deveria und Gavarni nicht verschmähten
, als Senefelder's Kunst sich
zum Farbendruck steigerte. Und das war
nicht etwa allein die Folge der auf solche
Weise verbilligten Arbeitsleistung. Das einheitlichere
Verfahren wird immer das lebensfähigere
sein.
Aus allen diesen Gründen halte ich den
Kombinationsdruck in technischer Beziehung
für unsympathisch, ausserdem für überflüssig
und glaube nicht, dass er eine Zukunft haben
wird.
A. L. Plehn
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