Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 5. Band.1902
Seite: 417
(PDF, 174 MB)
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-3-££> WILHELM VOLZ

WILHELM VOLZ AM GRABE

(Das Original in der Kgl. Neuen Pinakothek zu München)

befriedigen beide Fassungen nicht, sie hinterlassen
das Gefühl, als habe noch eine dritte,
die in einem höheren Sinn beide vereinigt
haben würde, noch im dunkeln Schosse der
Phantasie des Malers gelegen und habe nur
nicht mehr klare Gestalt gewinnen können,
bevor er die Augen für immer schloss.

Dem Gegenpol der Welt seelischer und
künstlerischer Stimmungen gehören die paar
grösseren dekorativen Arbeiten an, die zu
vollenden dem Künstler beschieden war: die
Wandmalerei an der Fassade des Schönleber-
schen Künstlerheims in Karlsruhe, entstanden
1890, die mit frischem Humor und in kräftig
wirkenderKomposition die „Fahrt ins Märchenland
" schildert, und der noch kurz vor seinem
TodabgeschlosseneCyklus vonWandbildern für
das Cafe der Neuen Börse in München: „Der
Tanz ums goldene Kalb", „Schlaraffenland" und
„DieGoldquelle" (s. d. Abb. a. S. 407 d. vor. FL).
Eine zeitlos märchenhafte, ausgelassen heitere
Fabel wel t thut sich hier vor uns auf, in der Formgebung
und einzelnen Typen an die Illustrationen
zum „Mopsus" erinnernd; festlich wirkend
in der phantastischen Fülle des Beiwerkes, voll
leuchtender Kraft und Tiefe der Farben, die
sich gegen die sehr prunkvolle Ausstattung
der Räume mit Bravour behaupten.

Das Weltlich-Heitere und Ernst-Religiöse,
das Heidnisch-Fabelhafte und das Christlich-

Legendarische vereinigt sich, wie zwei Wasserläufe
desselben Stromes wieder in eins zu-
sammenfliessen, in dem letzten leider unvollendet
gebliebenen Werke Volzens: in dem
Triptychon, das Gottfried Kellers „Tanz-
Legendchen" aus dem veilchendurchdufteten,
orgelklangdurchdröhnten Dichterwort in die
glänzende Pracht der Farben übersetzen sollte
(s. S. 430 u. 431). Der linke Flügel des wie
ein kleiner Hausaltar anmutenden Triptychons
zeigt Musa mit dem König David in der Kirche
tanzend, bei jenem Tanz, der die verzehrende
Himmelssehnsucht in dem Herzen des Mädchens
erweckt; auf dem Bild des rechten
Flügels sehen wir Musa, schon auf Erden
zur Heiligen geworden, die Arme sehnsuchtsvoll
der höheren Heimat entgegenstreckend;
das Mittelbild endlich lässt uns teilnehmen
an jenem himmlischen Fest zu Ehren der
neuen Seligkeitsgenossin, das die neun Musen,
aus der heidnischen Unterwelt heraufberufen,
mit ihrem Sang verherrlichen sollen. Eine
Dichtung von überschwenglichem Reichtum
an innerlicher Schönheit und an Pracht der
Schilderung hat hier einen kongenialen Künstler
angeregt, in seiner Sprache nach ihren
Worten sein künstlerisch-menschliches Glaubensbekenntnis
zu formulieren. Er hat hier
eine Synthese seines ganzen Lebenswerkes
gegeben: aus der Predella herauf tönt der

Die Kunst filr Alle XVII.

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