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DAS WASCHEN DER OELBILDER <^v-
man am besten Van-Dyk Firnis von Günther
Wagner oder Dr. Büttner's Phöbus B von
H. Schmincke & Co., letzterer ist zwar ein
bräunlicher Firnis, der aber bei sparsamer
Anwendung durchaus klar wirkt; beides
in allen Malutensilienhandlungen zu haben.
Ueberhaupt muss jeder Firnisauftrag so dünn
als möglich gehalten werden. Waschen ohne
zu firnissen ist für jedes Bild gut. Nie aber
umgekehrt, jedem Firnissen muss unbedingt
das Waschen vorausgehen; und als Grundsatz
möge man festhalten, dass den Bildern
das Firnissen möglichst vorenthalten bleibt.
DENKSPRUCH
Lass dir den frischen Mut nicht beugen
Durch des VerZweiflers Jammerspruch:
Er schreit, die Zeit kann nichts mehr zeugen,
Sonst fühlt er selbst sich als Eunuch.
Emanuel Geibcl
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Entwurf f. e. Lithographie
KUNSTLITTERATUR
Cornelius Gurlitt, Geschichte der Kunst.
In zwei Bänden. (Stuttgart 1902, Arnold Bergsträsser,
Preis 44 M., gebd. 48 M.)
Das schwierige Unterfangen, eine allgemeine
Kunstgeschichte in der knappen Raumausdehnung
von zwei Bänden zu schreiben, kann nur bei einer
Beherrschung des Stoffs einigermassen befriedigend
ausfallen, wie sie wenigen eigen ist, und bei einer
Fähigkeit des Umblicks, die nur von grosser Höhe
aus möglich wird. Cornelius Gurlitt hat in dem
vorliegenden Werke diese gewagte Aufgabe erfolgreich
gelöst. Er liefert ein Gemälde der Entwicklungsvorgänge
, das unsern ganzen Erdball umfasst,
ohne dass dabei die uns zumeist interessierenden
Gebiete unseres engeren Kulturkreises zu kurz kämen,
er schildert zusammenhängend und fliessend —wenn
auch oft mehr mit wuchtigen Skizzenstrichen als
mit der behaglichen Breite des Kleinmalers — die
Hauptzüge, ohne das notwendige Detail beiseite zu
lassen. Nur in dem Abbildungsmaterial ist das Werk
etwas kurz gekommen: es sind nur dreissig, allerdings
vorzüglich wiedergegebene und noch besser ausgewählte
Abbildungstafeln vorhanden
. Der Grundsatz, von
dem Gurlitt in dem Buche ausgeht
, ist, seine Betrachtungen
mehr auf die allgemeine
menschliche Kulturgeschichte
als auf die Entwicklungslehre
der Kunstformen zu begründen
und ferner eine Entwicklung zu
zeichnen, wie sie sich ihm persönlich
zugetragen zu haben
scheint. Er betont im Vorwort,
dass er darauf verzichte, die
Zustimmung aller zu erfahren.
Dies giebt ihm die Freiheit des
kühnen, unbeeinflussten Ausblickes
. Aber nach Lektüre des
Buches wird man sich trotzdem
kaum sagen können, dass hier
eine allzuscharfe Gegnerschaft
irgendwo entspringen könnte,
trotz der vielen neuen Gesichtspunkte
, Beziehungen und Zusammenhänge
, die er den
kunstgeschichtlichen Vorgängen
giebt. Denn diese sind vollständig
überzeugend entwickelt
und dargestellt. Es ist in dem
mir hier vorgeschriebenen Rahmen
nicht möglich, auch nur
den Versuch eines Eingehens
auf den Inhalt des Werkes zu
wagen, so erwünscht dies auch
wäre, um den grossen Verdiensten
, die sich der Verfasser
damit erworben hat, gerecht zu
werden. Das Buch bietet eine
so wichtige Ergänzung zu unserer
bisherigen kunstgeschichtlichen
Litteratur, dass kein daran
Beteiligter seiner entraten
kann, und auch der Laie wird
es mit grösstem Interesse zur
Hand nehmen, um sich über
die markantesten Grundzüge
der Geschichte der Künste in
knappem Rahmen zu unterrichten
. Der Mangel des feh-
WILHELM VOLZ del.
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