http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0503
-^£> PERSONAL-NACHRICHTEN VON AUSSTELLUNGEN -
der kgl. Akademie der bildenden Künste sind für das
Sommersemester 1902 im ganzen 318 Studierende
inskribiert worden. Nach der Staatsangehörigkeit
getrennt entfallen auf Bayern 91, Preussen 54,
Sachsen 14, Württemberg 12, Baden 7, Elsass-Loth-
ringen 11, übrige deutsche Bundesstaaten 21, Oesterreich
-Ungarn 46, Russland 18, Donaufürstentümer 11,
Griechenland 3, Italien 2, Schweiz 14, Holland 2,
Grossbritannien 3, Schweden und Norwegen 1, Vereinigte
Staaten von Nordamerika 7 und Südamerika
1 Studierender. 251 Herren besuchen die Maler-,
59 die Bildhauer- und 8 die Radiererklassen.
/GESTORBEN: In Graz der Direktor der Steier-
märkischen Landes - Bildergalerie, Heinrich
Schwach, dreiundsiebzig Jahre alt; in Paris am
13. Mai der Landschaftsmaler Cam. Bernier; ebenda
am 26. Mai der Maler Jean Jos. Benjamin-
Constant, siebenundfünfzig Jahre alt; in Rom der
deutsch-russische Maler Alexander Rizzoni.
VON AUSSTELLUNGEN
D ERLIN. Man hätte dem Berliner Kunstleben wegen
des arg ausgedehnten Winters in den vom grossen
Publikum bevorzugten Salons wohl einen glänzenderen
Saisonschluss wünschen mögen als er that-
sächlich eingetreten ist. Recht schwächlich waren
wieder einmal die letzten Ausstellungen in Schulte's
MARIA SLAVONA
KIND MIT KATZE
Ausstellung; der Berliner Secession
Kunstsalon, worüber man sich freilich nicht
zu sehr entrüsten darf, weil in der Zeit, wo die
offiziellen Kunstausstellungen beginnen, unter normalen
Verhältnissen die Salons so schwach besucht
werden, dass die Besitzer es wagen können, auch
minderwertigere Leistungen vorzuführen, die sie aus
irgend welchen Gründen angenommen haben. Die
Nachlassausstellungen von Wilhelm Volz und
Nicolaus Gysis mussten eindruckslos bleiben,
weil sie nur noch schwache Reste des ursprünglich
Vorhandenen enthielten. Auch die Bilder vonCAZiN,
Morelli und Harrison stellten nur den Abhub
von reichen Tafeln vor. L. Klein-Diepold zeigte
einige tüchtige Porträts und Landschaften, denen
zu einer tieferen Wirkung jedoch die künstlerische
Absicht und die persönliche Note fehlte. Am meisten
Anregung gewährte noch eine Ausstellung von
Gummidrucken der bekannten Amateure Henneberg
, Kühn, Spitzer und Watzek, unter denen
die Arbeiten von Kühn und Spitzer in jeder Beziehung
, technisch und künstlerisch, den Preis verdienten
. Die unter dem Namen »Elbier« in Schulte's
Oberlichtsaal ausstellenden sechs Dresdener Maler
vermögen nur in sehr beschränktem Masse Interesse
zu erregen. Der einzige von ihnen, der sich über das
Liebliche erhebt, ist Arthur Bendrat. Er probiert
freilich noch bedenklich herum und kann sich, wie
es scheint, schwer zwischen Gotthard Kuehl, Volkmann
und den Wcrpswedern entscheiden; aber er hat
Sachen hier, wie »das weisse Haus«, »Sankt
Marien« und der »Krahn von Danzig«, die
man nicht übersieht, weil sie mit Talent
gemacht sind. Die anderen Künstler Fritz
Beckert, Ferd. Dorsch, Johannes
Ufer, Georg Erler und Aug.Wilkens
sind fleissige Leute — nichts mehr, die
— Wilkens in der Art Munthes entworfener
Wandteppich »Nott und Mani« beweist es —
vielleicht im Kunstgewerbe am besten am
Platze wären. Karl Paul Gruppe, der
eine Reihe von Bildern und Aquarellen
mit holländischen Motiven ausstellt, ist ein
geschickter Eklektiker, dessen Arbeiten
durch ihre Sauberkeit bestechen. Die von
Albert Hertel, Erich Kuithan und
Max Fritz herrührenden Landschaften
erscheinen gleichmässig uninteressant. —
Paul Cassirer, der nicht den Ehrgeiz hat,
das grosse Publikum in seinen Salon zu
ziehen, sondern den Beifall der Kenner zu
erlangen wünscht, hätte es unter solchen
Umständen sehr leicht, Schulte in den
Schatten zu stellen, aber er verschmäht
augenscheinlich die billigen Erfolge und
bleibt weiter bemüht, den Besuchern seiner
Ausstellungen nur die anregendste Art von
Kunst zu zeigen. Er macht dabei freilich
oft nicht geringe Ansprüche an das Kunstverständnis
seiner Abonnenten. Schulte
dürfte es garnicht wagen, seinem Publikum
mit einer Sammlung von Lithographien so
altmodischer Leute wie Daumier,Gavarni
und Monnier unter die Augen zu gehen.
Man würde nicht verstehen, warum er
dieses thäte. Die Habitues bei Cassirer
waren entzückt, diese Vorläufer der Künstler
der »Jugend« und des »Simplicissimus«
in ihren wichtigsten und schönsten Arbeiten
kennen zu lernen, und beneideten den glücklichen
Besitzer dieser kostbaren Sammlung,
Herrn Eduard Fuchs in München, um diesen
wohl zweihundert Blätter umfassenden
Schatz. Da gab's zu studieren an diesen
450
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0503