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^s^> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN -C^=^
die merkwürdige technische Behandlung, die es liebt,
Farben in unvermittelter Weise und voller Reinheit
nebeneinanderzusetzen, gründlich studieren zu
können. In dem Saale, den im Vorjahre die Münchener
»Luitpoldgruppe« innehatte, stellte sich das
erste Mal eine jungpolnische Künstlervereinigung, ge-
wissermassen eine polnische Secession vor. Frisches
Zugreifen, Energie aber auch Uebertreibungen grober
Art sind das Charakteristiken. Eine ganz hervorragende
Kraft, besonders im Dekorativen, besitzen
sie in Josef Mehoffer, dessen grosse Kartons
für Kirchenfenster in grossartiger Weise moderne
ornamentale Formenbildung mit kirchlich konventionellen
Motiven bei ausserordentlicher Farbenpracht
glücklich vereinigt zeigen, so dass sie an die
beste Zeit der Glasmalerei erinnern. Ausserdem
wären noch als Bildnismaler Josef Czaikowski,
Leon Wyczolkowski und A. Weiss zu nennen.
Julian Falat ragt durch ein interessant erfundenes
, kühn hingesetztes Aquarell hervor. Auch
einige talentvolle Plastiker sind zu verzeichnen.
Mit einer grossen Anzahl seiner Arbeiten war auch
Joh. Victor Krämer aus Wien vertreten. Aeltere
Studien teils im Atelier, teils im freien Licht,
wechseln mit Kompositionsentwürfen, die im Aufbau
und Farbengebung viel zu viel an Rubens erinnern
, Studien seiner jüngsten Orientreise, geschickt
, mit viel Feingefühl für die Tonunterschiede,
und mit ungeheuerer Geduld, hingesetzt, schliesslich
noch eine Menge Kleinigkeiten, die der Künstler
ganz gut hätte zu Hause lassen können. Alles in
allem viel Talent aber wenig Persönlichkeit. Auch
Adolf Wiesner, ein in Paris lebender Prager,
glaubte gleich eine Kollektivausstellung machen zu
müssen. Es ist ja schön, wenn man einen ganzen
Saal vollhängen kann, aber die Sachen müssen doch
auch so stark sein, dass sie das Interesse festhalten
können. Das ist nun bei Wiesner kaum der Fall.
erich hancke ««t«bildnis von
Berliner Secession felix holländer
Seine Art alles transparent zu sehen, so dass die
Figuren, auch im Porträt, immer etwas durchscheinendes
, so wie dünnes Porzellan haben, die
daraus resultierende flaue Art der Behandlung, erwecken
bei Nebeneinanderstellung mehrerer solcher
Arbeiten unangenehme Empfindungen. Es wäre zu
wünschen, dass sich der Künstler bei seinem Talent
aus dieser irrigen Anschauungsweise herausarbeiten
würde. — Erfreulich wie immer war die Kollektion
Handzeichnungen der »Jugend«, und auch von sonstigen
Münchenern hatten viele bekannte Namen mit
mehr oder weniger charakteristischen Arbeiten zur
Bereicherung der Ausstellung beigetragen. Sehr reich,
wie zumeist war die graphische Kunst vertreten und
man ist kaum im stände, alle die Sachen und Sächel-
chen anzusehen, geschweige denn zu würdigen.
In der Plastik überragten alles andere die Arbeiten
von C. Meunier und A. Rodin. Charpentier's
Plaketten boten unstreitig mit das Anziehendste
der ganzen Ausstellung. Die heimische Kunst war
ziemlich gut vertreten und wenn auch noch lange
nicht alle Künstler ausgestellt hatten, so bot ein
Ueberblick über das Vorhandene doch einen erfreulichen
Eindruck. Die Deutschböhmen hatten sich
mit siebenundachtzig Werken eingestellt. Ausser
E. Hegenbarth und V. v. Eckhardt erweckten
die Leistungen Wenzel Wirkner's, tiefgefärbte
Stimmungsbilder, C. Korzendörfer's Porträt und
Japanerin, Emil Uhl's »Andacht«, Otto Tragy's
»Heilige Schale«, Emil Orlik's Pastelle, Heinr.
Jakesch's Miniaturbild, K. Kubin's Versuche in
Tempera, G. Hellmessen's Porträt einer schönen
Frau, und A. Jakesch's Studie als koloristischer
Versuch weiteres Interesse. Als tüchtige Graphiker
oder Zeichner bewährten sich Walther Ziegler,
Heinrich Jakesch, Fritz Pontini, Rich. Müller,
Hugo Steiner, Karl Schiketanz, R. Wolf,
K. Schäffner, A. Pobeheim und R. Rössler,
die den Vergleich mit allen ausstellenden Graphikern
des Auslandes nicht zu scheuen brauchen. Als
Bildhauer zeigten J. Trautzl, die beiden Wilfert's
und A. Rieber Begabung und tüchtiges Können.
Die tschechische Kunst war auch nur durch einen
Bruchteil ihrer Kräfte vertreten und da wäre an
erster Stelle einer ihrer tüchtigsten Künstler,
Jos. Schusser, zu nennen, dessen grosses Bild
»Fatum—Vita— Libertas«, sowie sein Porträt des
Oberstlandmarschalls von Böhmen und zwei Lichtprobleme
die grossen malerischen Vorzüge, und
seine ernste Auffassung vom Berufe bezeigen. In
A. Kalvoda, W. Jansa, F. Engelmüller, W. Ra-
dimsky, besonders aber in A. Slavicek besitzen
die Tschechen Landschafter von starker Eigenart
und eminentem Können. W. Uprka ist wohl der
einzige, wirklich slavische Künstler. Josef Mandl,
Klusacek, R. Bem als Maler, Kafka u. Kozian
als Bildhauer, alle Talente, wären noch hervorzuheben
. So bot die Ausstellung in den tausendundzehn
Werken ein abwechslungsreiches Bild von tüchtigem
Können. — Der Künstler-Verein »Manes« hat
am 10. Mai eine bis zum 15. Juli dauernde ^Rodin-
Ausstellungz eröffnet, die auch anderwärts ein
grösseres Interesse hervorrufen dürfte, da sie die
bis jetzt vollkommenste Kollektion der Werke dieses
Künstlers bietet. Sie umfasst achtundachtzig Skulpturen
und vierundsiebzig Rahmen mit nahezu dreihundert
Zeichnungen und ist in einem eigens zu
diesem Zweck nach den Plänen J. Kotera's errichteten
Pavillon untergebracht. Eine Würdigung der
das Lebenswerk des französischen Bildhauers umfassenden
Vorführung sei hintangehalten im Hinblick
auf eine grössere Veröffentlichung über den Künstler,
die für die >K. f. A.« vorbereitet wird. K.K.
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