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-!r4sö> VON AUSSTELLUNGEN DENKMÄLER -
"PvRESDEN. Für die kgl. Gemäldegalerie ist nun-
mehr, wie angekündigt, ein viertes Böcklinsches
Gemälde erworben worden: »Der Krieg« aus dem
Jahre 1896. Im Vergleich zu dem »Sommertag«
bezeichnet es den Gegenpol Böcklinscher Kunst:
das Visionäre in wahrhaft hinreissender Ausgestaltung
, Farben, Formen und Bewegungen zu gewaltigem
Ausdruck gesteigert. Schon Albrecht Dürer und
Peter Cornelius haben die Vision des Apokalyptikers
in unvergänglichen Bildern ausgestaltet; während
sie sich aber in enger Illustrierung an die Worte
der Bibel (Offenbarung Johannis, Kap. 6) halten,
schuf Böcklin das Bild in freier Phantasie und
malerischer Anschauung um. Vier entsetzliche
Reiter — Tod, Pest, Krieg und Brand — rasen in
wütender Hast auf ihren Pferden über die Erde dahin.
Wo ihr rasender Flug die Erde berührt, da erbebt
sie und alles Leben versinkt in der roten Glut aufflammender
Feuerlohe. So sehen wir vorn zur
Linken den sonnigen Frieden Florentinischer Vorstadtgärten
, im Hintergrunde aber umhüllt glühender
Brand die gesamte Stadt. Der gewaltige Gegensatz,
der sich schon hier kundgiebt, durchzieht das ganze
Bild. Unten der Friede, oben die unaufhaltsame
Bewegung, unten das anfangende Feuerrot, oben das
unheimliche düstere Schwarz. Und dann die vier
Reiter auf den unheilgierigen Rossen mit den vorquellenden
Augen und den gesträubten Mähnen:
der Tod, in triumphierendem Hohn die Hand in die
Hüften gestemmt, die Pest mit dem geschulterten
Schwert, Hals und Haupt von Nattern umzückt, den
Verderbensschrei laut gellend in die Lüfte hinaussendend
, daneben der Krieg, grimmig in starrer
Ruhe vor sich hinblickend, der Brand mit geschwungenen
Fackeln, den Mund zu dumpfem Geheul geöffnet
. Dazu die drei Rosse in ihrer verschiedenen
Farbe, in ihrer verschiedenen Art der Bewegung und
der Raserei, dazu der unheimliche Dreiklang von
Schwarz (Tod), Gelb (Pest) und Dunkelrot (Brand)
auf dem schwarzen Grund: ja man glaubt an diesen
dämonischen Zug der Erdenverderber und steht mit
innerem Schrecken davor. Wen stört's, dass von
der Gestalt des Krieges nur das Gesicht mit der
metallenen Haube auf dem Schädel vorhanden ist?
Dass ihm Körper und Ross fehlen? Hier ist mehr
als die so leicht erreichbare Korrektheit, hier ist
hinreissendes Leben, wahrhaft geschaute Phantasie,
die geniale Vision eines Ueberpoeten. Man darf wohl
sagen: Arnold Böcklin, der grösste Maler der zweiten
Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, ist nunmehr
würdig in der Dresdener Galerie vertreten. Eine Abbildung
des Werkes brachte die »K. f. A.« in ihrem
vierten »Böcklin-Heft« (XVI. Jahrg. S. 270). *
LJAMBURG. Eine grosse Kunstausstellung wird
*^ nach längerer Pause im Frühjahr 1903 (1. März
bis 31. April), vom Kunstverein veranstaltet, in den
Räumen der Kunsthalle stattfinden. Die Ausstellung
soll vorwiegend einen hamburgischen bezw. norddeutschen
Charakter tragen, Einladungen werden
daher nur in beschränkter Zahl ergehen. Anfragen
sind zu richten an die Geschäftsstelle des Kunstvereins
in Hamburg, Neuerwall 14.
LJANNOVER. Eine Wotangruppe des hiesigen
* *■ Bildhauers Prof. Friedr. Wilh. Engelhard
kam unlängst in den der Hinterfront des Provinzial-
museums zugewendeten Anlagen zur Aufstellung.
Die nebenstehend gegebene Abbildung veranschaulicht
das Bildwerk, das den Göttervater überlebens-
gross darstellt, auf den Schultern die Raben, welche
ihm die Weltvorgänge melden, zu Füssen die wachsamen
und kampfbereiten Wölfe.
"V/ENEDIG. Zum Ankauf von Kunstwerken auf
^ der nächstjährigen V. Internationalen Kunstausstellung
ist von der Stadt und von privater Seite
bislang die Summe von 100 000 Lire gezeichnet
worden. Die erworbenen Werke werden der hiesigen
Galerie moderner Meister einverleibt.
DENKMÄLER
IZ"ARLSRUHE. Aus Anlass seines Regierungs-
Jubiläums hat Grossherzog Friedrich von Baden
seiner Residenzstadt ein Denkmal ihres Gründers,
des Markgrafen Karl Wilhelm gestiftet, mit dessen
Ausführung als Reiterstandbild der Bildhauer Frie-
dolin Dietsche beauftragt wurde.
friedr. wilh. engelhard wotan gruppe
Aufgestellt vor dem Provinzial-Museum zu Hannover
1MÜRNBERG. Das König Ludwig I. gewidmete
* ^ Denkmal, eine Schöpfung des Münchener
Akademie-Direktors Professor Ferd. von Miller,
wurde am 8. Mai enthüllt.
T INZ. Das von dem Wiener Bildhauer Hans
*-* Rathausky geschaffene Adalbert Stifter-Denkmal
ist am 24. Mai enthüllt worden.
OERLIN. Den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika ist mit der Bestimmung der Aufstellung
in Washington von Kaiser Wilhelm II. eine Bronzestatue
Friedrichs des Grossen als Geschenk überwiesen
worden und zwar ist dies eine Wiederholung
des in der Siegesallee aufgestellten Standbildes von
Jos. Uphues, das, abgesehen von einigen sonstigen
Bronze-Wiederholungen, in einer Marmor - Replik
auch schon im Park von Sanssouci Aufstellung fand.
(Abbildung s. S. 561 des XV. Jahrg.)
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