http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0525
~^5> DIE KARLSRUHER KUNSTAUSSTELLUNG -C^=^
(Abb. s. S. 472) und dem Teniers-Imitator De
Braekeleer an - - in zwar ganz vorzüglichen,
charakteristischen Proben, der wohl schwerer
zu beschaffenden modernen Kunst gegenüber
bevorzugt haben. Letztere weist aber dennoch
einige ganz hervorragende Stücke auf, wie
„Der Blinde" von Laermans, der an die
derbe, grosszügige Art des landsmännischen
Bauernbreughel gemahnt, den effektvollen
„Pferdekampf" von Delvin, kraftvolle Landschaften
der bekannten Meister Coosemans,
Courtens und Gilsoul und das grosse
interessante Triptychon von Leon Frederic
„Der Waldbach" mit seinen sich tummelnden,
unzähligen, fein modellierten und beleuchteten
Kindergestalten.
Länder mit weniger ausgebildeter Kunstübung
sind dementsprechend numerisch auch
schwächer vertreten, aber qualitativ um so bedeutender
. So Spanien u. a. mit der exquisiten,
das Entzücken aller Maler bildenden „Oeffent-
lichen Hinrichtung" von Casas aus Sevilla
und den des Velasquez würdigen Genrestücken
von Parlade ebendaher; Schweden und Norwegen
mit der stimmungsvollen „Sommernacht
" des Prinzen Eugen, dessen tüchtigem
Bildnis von Oscar Björck, flotten Jagdbildern
von Liljefors und einer trefflichen Landschaft
des in Paris lebenden Fritz Thaulow;
Holland mit monumentalen Porträts von
Therese Schwartze und Gari Melchers
und weichen Genrebildern von Ernst Oppler:
Russland ganz besonders durch das sehr feine
„Nach der Parade in Moskau" von Kalmykoff,
Oesterreich durch den hochinteressanten, viel
angegriffenen Symbolisten Gustav Klimt mit
dervon Khnopff inspirierten köstlichen „Musik"
und last not least: Italien — neben Bezzi, dem
italienischen Schönleber Ciardi und demKolo-
risten Pio Joris durch den Malerpoeten
Segantini, der aber in seiner einsamen, gewaltigen
Grösse, wie der Basler Böcklin
(mit sechs vorzüglichen Werken, eines davon
abgebildet a. S. 469) der ganzen gebildeten
Welt angehört.
Deutschland, um auf dieses schliesslich zu
kommen, zeichnete sich von jeher, dem
Auslande gegenüber, durch hervorragende,
charakteristische Individualitäten aus, wenn
auch deren Werke nicht immer die Abgeklärtheit
einer auf alter Tradition festbegründeten
Kunstpflege bewahren. Entsprechend dem
Range, den München als allein führende
Kunststadt in Deutschland einnimmt, sind
dessen an Talenten so reiche und vielseitige
Schulen auch in unserer Ausstellung am
glänzendsten vertreten.
Es gehört entweder grosse Liebe zum Modernen
oder ein angestrengtes Versenken in
die dem profanen Auge verborgenen Qualitäten
dazu, um beispielsweise der interessantesten
Abteilung der Münchner ,,Jung-Kunst",
der Künstlervereinigung „Scholle" ganz gerecht
zu werden. Ebenso auffällig in der
GUSTAV SCHÖNLEBER
enzwehr
Karlsruher Jubiläums-Kunstausstellung
470
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0525