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-3=4^> BRUNO PAUL <^Mp*
koloman moser « seidenstoff
das Erhebende liegt in der Konstruktion.
Das Dekorative selbst ist vital geworden.
Dass man dies gerade von den kunstgewerblichen
Arbeiten eines Karikaturisten
sagen muss, mag überraschend sein der
Art von Paul's Bildern ist dies völlig
kongruent. Mit einfachen aber kräftigen
Linien und wenig Farbtönen weiss er hier
und dort sein mannhaftes Wollen künstlerisch
genussvoll darzustellen.
Die vier vornehmen Räume Bruno Paul's
in der ersten Ausstellung für Kunst im Handwerk
, aus denen unser Heft eine Reihe von
Abbildungen bringt, haben alle das, was man
immer wieder patrizierhaft nennen wird. —
Dem entspricht auch das Material, dessen
leicht koloristische Wirkung durch verschiedene
Behandlung die konstruktive Sprache
delikat unterstützen hilft. Die Speisezimmermöbel
, zu denen das Büffet mit den verglasten
Thüren, der ausziehbare Speisetisch
mit den kraftvoll geschnitzten Füssen, auch
der leichter wirkende Zeitungs- und Bücherschrank
gehört, sind in poliertem natur-
farbenem Mahagoniholz mit Wechsel von
Wassereichenholz ausgeführt. Im hallenartigen
Salon mit der leichten Stuckdecke
und dem kräftig modellierten Friese stehen
intarsierte Möbel in Kirschbaumholz.
Die Ausstellung bringt überdies eine ganze
Reihe kunstgewerblicher Arbeiten Paul's in
verschiedensten Materialien und Techniken.
Leuchter und Lampen und Thürschilde in
Messing, Teppiche in Knüpftechnik und Uhren
in Holzverkleidung. Die Abbildungen lassen
erkennen, wie sehr auch hierin Paul seine
feste, sichere, chevalereske Art künstlerisch
verkörpert. Alle seine Leistungen beweisen
übrigens, scheinbar, aller Herden-
viehtheorie zum Trotz, dass der Anschluss
des Einzelnen an eine Gruppe, das Zusammengehen
Gleichgesinnter zu einer Sache
ganz und gar nicht denjenigen auch nur um
etwas seines Wertes berauben kann, der
thatsächlich eigene Art und Kraft hat. Die
Künstler der Vereinigten Werkstätten in
München haben alle ihre eigene Art nicht
nur behalten, sondern sie haben sie gesteigert.
Allerdings ist diese kleine Gruppe doch selbst
nur wieder eine einzelne Macht gegen die
grosse Herde stumpfsinniger Anbeter inhaltsloser
Formen und Formeln.
Lichtwark stellte kürzlich als das Ideal des
Deutschen der Zukunft den deutschen Offizier
hin. Paul's Zimmer und Möbel scheinen mir
viel von ihm zu haben. Dass ich freilich
nicht - ebensowenig wie Lichtwark - - an
den entnervten, blasierten Gardeleutnant, den
Bruno Paul selbst so trefflich zu karikieren
weiss, denke, sondern an den Offizier, dessen
Leib wie Geist gestählt ist, liest man Paul's
Werken wohl Zug für Zug ab. e. \v. b.
koloman moser « fussbodenbelag
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