Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 6. Band.1902
Seite: 388
(PDF, 126 MB)
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MAX HANS KÜHNE

Blumen lässt das eine sprossen, Mühlen
treibt das andre, und das dritte plätschert
bloss dahin und erzählt nur zuweilen einsamen
Sonntagskindern die Geheimnisse des
Waldes; aber der Urquell ist in ihnen allen
lebendig. So auch der Gedanke in den mannigfaltigen
Verkörperungen, die er findet. Tradition
ist also gleicher Geist in individueller
Form zum Ausdruck gebracht; Nachahmung
ist gleiche Form ohne individuellen Geist,
meist überhaupt ohne Geist: geschöpftes
Wasser, in ein totes Becken gefüllt. Als Beispiele
hierfür mögen uns einige der Illustrationen
dieses Heftes dienen.

Die Buchbinderei ist unter den verschiedenen
Gebieten des Kunstgewerbes eines der
konservativsten geblieben, was sich auf die
enge Umgrenzung ihrer Möglichkeiten zurückführen
lässt. Fast alle Bedingungen sind von
vornherein gegeben: die Grösse, die Gestalt,
das Material in sehr beschränkter Auswahl und
dazu seine Behandlung. Die Versuche (nach
unsrer heutigen Auffassung: Verirrungen!),
welche dahingingen, die Buchhülle als selbstständigen
Träger einer Bild- oder Reliefwirkung
zu gestalten, sind heute, Gott
sei Dank, der Erkenntnis gewichen, dass,
erstens ein Buchdeckel kein Bild ist, und
zweitens, dass er stets flächig behandelt sein
will, weil dies allein dem Zweck seiner
Handhabung entspricht. Er soll angenehm
zur Benützung, ruhig und einladend fürs
Auge und nicht allzu vergänglich sein. So
bleiben als Material: Leder, Leinen, Papier,
— jedes für sich oder auch untereinander
kombiniert, als Schmuck: die Flächendekoration
, aus Farbe und Linien, mit dem Stempel,
durch Tönung oder durch Ledermosaik gewonnen
.

Mit voller Berücksichtigung dieser, in der
Natur der Sache liegenden Grenzen schufen
in unsern Tagen Künstler wie Cobden-
Sanderson, Zahn, Anker Kyster und
Henri-Marius Michel ihre meisterhaften
Buchhüllen. Aus dem gleichen Geist, aus
der Vereinigung von Phantasie und Logik,
von Geschmack und Handfertigkeit sind die
vorliegenden Einbände von Paul Kersten
in Erlangen und von S. Pomeroy in Paris,
entstanden. Dem Gedanken getreu, formal,

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