Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 7. Band.1903
Seite: 51
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-sr^> ALBERT BARTHOLOME -C^=^

ALBERT BARTHOLOME

DIE BADENDE

Tod ist hier nur Verdammnis. Georg Treu hat
in einem feinen und geistvollen Aufsatz dem
Bartholomeschen Denkmal die stille Schönheit
der griechischen Grabsteine gegenübergestellt
. Aber jene drücken das nicht aus,
was wir bei dem Scheiden empfinden —
nur die ruhige Fassung der in das Tor des
Todes Hineinschreitenden im Monument aux
morts könnte man attisch empfunden nennen.
Ist die Frau in der Pforte nicht eine Urenkelin
der Eurydike von dem bekannten
Relief? Tief religiös möchte ich die Darstellung
Bartholome^ nennen, aber nicht im
Sinne einer strengen christlichen Auffassung.
Absichtlich ist er auch von herkömmlicher
ikonographischer Tradition abgewichen, hat
er den Engel des Todes flügellos gebildet.
Der Gedanke der ganzen wunderbaren Tri-
logie des Todes gehört dem Meister allein
an, und daß er sie so zeitlos gestaltete, gibt
ihr ihre Dauer über alle Zeiten.

Noch einmal möchte man das Monument
aux morts vergleichen mit jenem bescheidenen
ersten Grabmal auf dem Kirchhof von
Bouillant. Alles ist hier reif, verklärt, gelöst
, aus dem Persönlichen ins Allgemeine
übersetzt. Auf jenem dörflichen Gottesacker
noch kaum ein Verhältnis zwischen dem
Cruzifixus und der unteren Gruppe — kein

versöhnendes Ausklingen — in der Formen-
gebung, in der Zeittracht, nur eine Ueber-
tragung des malerischen Naturalismus in
Bronze. Bei dem großen Denkmal der
Toten ist aus jener schrillen Totenklage ein
volltönender ruhig und mild ausklingender
Akkord geworden, an Stelle des engbegrenzten
Kostüms tritt die unsinnliche künstlerische
Nacktheit, an Stelle des Zeitlichen die ewige
Schönheit.

Von dem Inhalt und dem Gedanken war
Bartholome ausgegangen, die schmerzlichen
Träume seiner Einsamkeit hatten sich nur
belebt und allmählich Körper angenommen.
Jetzt ist es die Form, die in ihm Macht gewinnt
und ihn allmählich ganz allein beherrscht
. Noch auf der Grenze stehen seine
„ersten Menschen" (Abb. s. S. 49), noch nicht
in edlem und dauerndem Material ausgeführt,
die der Künstler in einer Ruhepause während
der harten Steinmetzenarbeit an seinem
großen Monument modellierte. „Da wurden
ihrer beiden Augen aufgetan, und wurden
gewahr, daß sie nackend waren." Und auch
hier ist es das rührende Sichaneinanderschmiegen
: schutzflehend und demütig birgt
das erste Weib sein Gesicht am Nacken des
Mannes. Die Vollendung wird auch hier erst
die Uebersetzung in ein härteres Material

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