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VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN -C^^
theodor bruckner
sommerabend
echter Vertreter modernster Pariser Salonmalerei,
und, vom Künstler selbst gewidmet, ein ganz entzückender
Hans Thoma aus seiner allerbesten
Zeit, das Bildnis seiner, vor kurzer Zeit ihm
leider entrissenen Gattin als »giardiniera«, ein
hochvollendetes Werk, das lebhaft an die besten
Schöpfungen der Florentiner Frührenaissance gemahnt
, sodann die Marmorbüste des eben genannten
Meisters von dem in Frankfurt lebenden Wiener
Plastiker Josef Kowarzik, der bekanntlich hauptsächlich
als geschickter Medailleur tätig ist. Außerdem
wurde für die Großherzogliche Kunsthalle erworben
: ein lebensvolles Bildnis des verdienstvollen
Ehrenpräsidenten der Jubiläums-Ausstellung, des
Staatsministers a.D. Dr.Nokk, gemalt von Akademie-
Professor Kaspar Ritter dahier, eine »Spinnstube
im Schwarzwald« von dem bekannten trefflichen
Schilderer desselben, Professor Wilhelm Hasemann
'in Gutach und eine stimmungsvolle Landschaft
von dem jüngst verstorbenen, aus Baden
gebürtigen großen Meister Emil Lugo, >Erlenbruck
am Titisee«. — Hans Thoma wurde für 1902/3 zum
Direktor der Großherzogl. Kunstakademie der Stadt
gewählt, deren Kunstverein ihm 1869 jegliche fernere
Ausstellung seiner Werke verbot; ein Faktum, das
deutlicher als viele Worte die Wandlung des Kunstgeschmackes
seit einem Menschenalter offenbart! Q
l/'RAKAU. Die unlängst eröffnete erste Ausstel-
lung der „Vereinigung polnischer Künstler"
kurzweg „Salon" genannt, macht im allgemeinen
einen günstigen Eindruck, wenn auch an sie der
Spruch: »Parturiunt montes etc.«, gewissermaßen,
nicht ohne Grund, anzuwenden wäre. Das erhabene
Ziel, unsere sämtlichen Kunstjünger unter einem
Banner zu vereinigen, wurde diesmal von der
»Vereinigung« leider nicht erreicht. Das ist traurig,
denn es beweist, daß es unter unsern Künstlern
viel zu viel »Parteien« gibt. Die normale Entwicklung
des Kunstlebens leidet dadurch empfindlich.
Unter beinahe zweihundert jetzt ausgestellten Bildern
, Zeichnungen u. s. w. verdienen viele eine Erwähnung
, doch findet man in der Ausstellung keinen
sogenannten »Clou«. Das vielleicht am meisten
interessante Bild ist Soter Malachowski's »Am
Strande«, welches in jeder großen Ausstellung die
allgemeine Aufmerksamkeit gewiß auf sich lenken
würde. Der Autor dieses Bildes ist ein feinfühlender
und tatkräftiger Künstler. Sehr interessant ist
auch ein männliches Porträt von Stanislaus Lentz,
wirklich mit Virtuosität ausgeführt. Es zeichnet sich
überhaupt durch die totale Abweichung von der
schablonartigen Manier aus, die so beliebt bei vielen
jüngeren polnischen Malern geworden ist. Alexander
Augustynowicz, ein begabter Porträtmaler
, hat zwei hübsche Kinderporträts ausgestellt.
Wir haben in Krakau einen jungen talentvollen
Dichter und Dramaturgen von großer Zukunft, Stanislaus
Wyspianski, der, trotzdem er als Schriftsteller
wirkliche Erfolge erzielt hat, sich damit
nicht begnügt und auch der Malkunst sich widmet.
Die Erfolge darin sind die jetzt von ihm ausge-
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