Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 7. Band.1903
Seite: 422
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_07_1903/0474
-sr^)- BERLINER SECESSION <ö^*-

über die Verdienste, die sich die Kunstausstellungen
im allgemeinen um das Bekanntwerden
der bedeutendsten Künstler erworben
haben, und über die verschiedenen
Standpunkte, die für Ausstellungsleitungen
maßgebend sein können :

»In unserer alles nivellierenden Zeit wird
stets das Hervorragende unangenehm empfunden,
infolgedessen erregen gerade die hervorragendsten
Leistungen den heftigsten Widerspruch. Nichts
ist daher wahrscheinlicher, als daß sowohl in
Deutschland wie in Frankreich die gesamte Tätigkeit
der bedeutendsten Künstler wie Böcklin,
Leibi, Manet u. s. w. bis heute uns unbekannt
geblieben wäre, wenn die öffentlichen Kunstausstellungen
die ihnen zugefallene Aufgabe nicht
erfüllt hätten: die Werke solcher hartnäckig bekämpften
Meister nebst den mit diesen in innigem
Zusammenhang stehenden Richtungen dem Publikum
in würdiger Form vorzuführen. Eine
dankbare Aufgabe könnte man dieses Programm
nennen, wenn seine Durchführung nicht mit so
vielen Anfeindungen verbunden wäre. Alle Kunstausstellungsleitungen
gelangen zu dieser Erfahrung
ebenso wie zu der Einsicht, daß ein solches
Ausstellungsunternehmen noch viel dankbarer
für die sich erweist, die dieses Programm weniger
konsequent einzuhalten gedenken. Wie eine Ausstellungsleitung
bei Gewinnung ihres Standpunktes
sich entscheiden will, das wird somit
zu einer künstlerischen Gewissensfrage. Wenn
aber bei diesem Anlaß zwei ganz verschiedene
Ansichten aufeinander stoßen, so ist die Annahme
wohl gerechtfertigt, daß damit der Seces-

sion die volle Daseinsberechtigung zuzugestehen
wäre.«

Dann macht er das Publikum auf den
großen Vorteil aufmerksam, den das wirkliche
Kunstverständnis bietet:

»Jahrzehntelang bleiben die Werke der größten
Meister auch dem Besitz der minderbegüterten
Sammler zugänglich, bis sich durch den ununterbrochenen
Hinweis der Sachverständigen dieser
auf die Dauer unhaltbare Zustand geändert hat.
Niemals war das Sammeln hervorragender zeitgenössischer
Kunst für einen Sachverständigen
leichter als in unseren Tagen, in denen die eklektischen
Richtungen mit dem vernehmbarsten Beifall
überschüttet werden, und dadurch das Interesse
von der eigenartigeren Kunst abgelenkt
bleibt.«

Zum Schlüsse kennzeichnet er das Prinzip,
das die Berliner Secession bei der Inscenierung
ihrer Ausstellung geleitet, in den Sätzen :

»Wenn unsere Ausstellungsleitung davon absteht
, den gewissermaßen approbierten Kunstrichtungen
einen breiteren Raum zu gewähren,
so geschieht es mit dem Vorsatz, zuerst die in
unserm Kunstleben offen gelassene Lücke auszufüllen
, statt eine wohlbesetzte Position noch
weiter verstärken zu helfen. Versäumtes nachzuholen
, Vergessenes hervorzuziehen und den
mit der Ungunst unserer Zeit ringenden Kunstbestrebungen
einen Kampfplatz zu schaffen, erscheint
uns als das geeignetste Mittel, das Prestige
der deutschen Kunst zu heben.«

Vielleicht sind diese Absichten
noch nicht in Vollkommenheit
verwirklicht worden;
aber das läßt sich ohne Ueber-
treibung behaupten: Man mag
effektvollere Ausstellungen in
Deutschland gesehen haben als
diese, aber kaum eine, die so
viel absolute große Kunst enthielt
, und ganz gewiß keine, die
eine solche Selbstlosigkeit bei
der veranstaltenden Künstlerschaft
hätte erkennen lassen,
wie sie in dieser Ausstellung
der Berliner Secession zutage
tritt.

ERICH ER LER-SAMADEN DER GARTEN EINER ALTEN DAME

Ausstellung der Berliner Secession — Kollektion der »Scholle«, München

GEDANKEN

Zeichnen ist die Kunst — wegzulassen
. Max Liebermann

Ein Künstler, der Stil hat, erfaßt
einen Gegenstand in seinem Mittelpunkt
und legt in ihn die Gewaltigkeit
, die in ihm selber ruht; er
scheidet das Unwesentliche, Kleine,
Zufällige aus und stellt die wesentlichen
Züge in großem Rahmen und
mitfesten markigen Zügen vor Augen.

F. Th. Vischer

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