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«*-^55> VERMISCHTE NACHRICHTEN
MÜNCHEN. In den »Münchner Neuesten Nachrichten
« wurde unlängst Eduard Schleich als
derjenige bezeichnet, der die Dachauer Naturschönheit
entdeckt habe. Auf diese Notiz hin hat nun Professor
C. E. Morgenstern in Breslau genannter Zeitung
eine Berichtigung eingesandt, die ihrer Wichtigkeit für
die Kunstgeschichte des vorigen Jahrhunderts wegen
ungekürzt auch hier zum Abdruck gebracht sei:
»Ich bin es dem Andenken meines verstorbenen
Vaters schuldig, zu erklären, daß er, der Landschaftsmaler
Christian Morgenstern, der Entdecker
ludwig richter heimkehr (1861)
Zu „Der Sonntag." Braun und farbig getönte Federzeichnung
Eigent.: Herr Alex. Flinsch in Berlin
Dachaus gewesen, und daß Eduard Schleich viel
später sich mit dieser Landschaft befaßte. Ich
habe meine früheste Jugend in Dachau und Umgegend
verlebt und kenne den Entwicklungsgang
der damaligen Künstlerkolonie aus eigener Anschauung
. Gleichzeitig mit meinem Vater wohnte W. Lich-
tenheld, ein Hamburger Landsmann von ihm, 1852
dort. Dieser Künstler kommt aber in der Entwicklungsgeschichte
der Münchner Landschaftsmalerei
nicht in Betracht, da er mit seinen schlichten Arbeiten
niemals durchgreifend wirkte, wie es Christian
Morgenstern getan. In den folgenden Jahren 1853
bis 1859 zogen meinem Vater mehrere Münchner
Künstler nach, Dietrich Langko, Karl Ebert, Julius
Naerr wohnten damals im Zieglerbräu, während
meine Eltern in dem reizend gelegenen Försterhause
in Etzenhausen ihr Quartier aufgeschlagen
hatten. Der damalige Galeriedirektor aus Darmstadt,
Karl Seeger, ein intimer Freund meines Vaters ebenso
wie der Mondscheinmaler Kuno Baade wohnten
bei uns und vervollständigten die Künstlerkolonie.
Eduard Schleich hat während dieser Jahre einen
längeren Aufenthalt in der dortigen Gegend nicht
genommen, wohl aber auf seinen Spazierritten in
späterer Zeit in die Münchner Hochebene hinein
sich den Stoff gesammelt zu seinen wundervollen
Stimmungen und packenden Motiven,
die mir stets während meiner Studienzeit
als leuchtende Vorbilder vor Augen standen
. Ein eigentümlicher Stillstand in der
Entwicklung Dachaus zu einer dauernden
Künstlerkolonie trat ein, nachdem Christian
Morgenstern seinen Studienaufenthalt nicht
mehr dort genommen. Lange, lange Jahre
traf man dort nur vereinzelt junge Künstler,
die aber nur vorübergehend aus dem Born
der Dachauer Schönheit schöpften. Dann
kam die Erkenntnis, wie plötzlich, wieder
über die neue Generation und die Dachauer
Schule hat sich einen Ruf erobert, der dem
freundlichen oberbayerischen Markt zu
recht stattlichem Ansehen verholfen hat.
— Der Ruhm aber, den Grundstein gelegt
zu haben zu dem Emporwachsen einer
Dachauer Künstlerkolonie, gebührt Christian
Morgenstern.«
VW'IEN. Ueber die Erhaltung von Ge-
" mälden in Galerien, speziell zur vielangefochtenen
Frage der »Verglasung« der
Bilder, hat sich der Direktor der hiesigen
Galerie, Regierungsrat Aug. Schaeffer
unlängst im »Neuen Wiener Tagblatt« geäußert
. Es sei nicht so arg mit dem
Nachteil, den diese im Interesse der Konservierung
unbedingt notwendige Maßnahme
für das Publikum habe. Eine Stadt mit ihrer
von Staub und Schmutz geschwängerten
Atmosphäre, mit ihren Dunst und Rauch
enthaltenden Niederschlägen sei jederzeit
eine Feindin der Bilder, namentlich aber
heute, wo die Steinkohle mit ihren bituminösen
Staubteilchen die Bildflächen selbst
bei der sorgfältigsten Pflege in kurzer Zeit
mit einer fettigen, die Farben verdüsternden
Kruste überkleidet. Das habe man
in England schon zu Ende des achtzehnten
Jahrhunderts erkannt und deshalb die
hervorragendsten Kunstwerke durch Anbringung
von Gläsern vor dem bösen Einflüsse
des Steinkohlenrauches zu schützen
versucht. Wenn behauptet werde, daß
die Anbringung von Gläsern schaden
könne, da diese innen mehr anlaufen als außen,
so müsse dem entgegengehalten werden, daß —
wenigstens in der Wiener Galerie — von jeher
Bedacht darauf genommen worden sei, zwischen
Glas und Bild einen entsprechenden Ventilationsraum
zu lassen. Die Erfahrung habe allerdings
gezeigt, daß die Innenseiten der Gläser den Niederschlag
von Schmutz und Staub trotz aller Abschlußvorrichtungen
in den feinsten Teilchen aufnehmen
; die Bildfläche selbst pflege dabei jedoch
tadellos rein zu bleiben, und das sei eben doch der
Hauptgewinn. Besonders bei Bildern, die Sprünge
in der Farbschicht zeigen und daher der Unreinheit
der Atmosphäre gegenüber besonders empfindlich
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