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PATRIZ HUBER f *)
PATRIZ HUBER (f 20. SEPTEMBER)
Ein tragisches
Geschick,
dessen Katastrophe
gerade
diejenigen heraufbeschwören
mußten, denen
erselbstso viel
sein wollte, hat
unsPATRizHu-
ber, den fünfundzwanzig
jährigen
Künst-
ler entrissen.
Das kurze
Glück von
Darmstadt, der
Traum von einerneuen
deutschen
Künstlerkolonie
scheint auszuklingen bei dem „ave
pia anima" für den nun schon unterm kühlen
Rasen liegenden Künstler. - So abgegriffen
durch all die Anzeigen vom Tode eines
Sohnes das Wort „hoffnungsvoll" auch ist,
Patriz Huber war ein hoffnungsvoller Sohn
deutscher Kunst.
Merkwürdig, gerade er, der sinnige Grübler,
der Lyrische von Darmstadts Künstlern, war
in seinem Werk schlicht, ohne alles Drängen
und Phantasieren, aber er wußte dem Ganzen
des jeweils Geschaffenen eine innere Poesie
zu verleihen, nach der die grübelnden und
wollenden Künstler vergeblich ringen.
Patriz Huber war von jenem bescheidenen
Wesen einer ehrlichen Natur erfüllt, welche
weiß, daß sie Werte schafft, die weder durch
Lob größer, noch durch Tadel kleiner werden,
weil sie immer nur als die Vorläufer eines
besseren anzusehen sind. —
Wie seine Persönlichkeit, so gewann auch
sein Werk fast Alle. — Es lag im Charakter
seiner Werke, daß sie eine gerechtere Beurteilung
erfuhren, als meist sonst das Gute
in neuer Form. So verwöhnte ihn, den beständig
Schaffenden, das Glück, — das Glück
*) Wir verweisen auf das Septemberheft 1901, das
fast ausschließlich den Arbeiten Patriz Huber's
auf der Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie
gewidmet war und eine eingehende Würdigung des
anspruchlosen und doch so sympathischen Schaffens
dieses hochbegabten Künstlers enthält. d. red.
nämlich der Arbeit. Denn selbst das Glück
der Arbeit ist trügerisch. Wie viele berauscht
es, um ihnen gerade jene Widerstandskraft
zu entziehen, die beim inneren
Kampf ums Sein unentbehrlich ist! Gewiß
hat gerade dieses Glück ihn irregeführt in der
Beurteilung der physischen Kräfte seiner
jugendlichen Natur, und nachdem ihn auch
das andere Glück verraten, mußte er der
Seele Gleichgewicht verlieren.
Patriz Huber war freilich kein genialer
Neuerer und Erfinder. Sein Werk verblüffte
nie, niemals war es aber auch extravagant
und exzentrisch. Und doch gab fast alles,
was er, der jüngste unter den führenden
Kunstgewerblern, geschaffen, Zeugnis von dem
Streben und dem Ziel der ehrlichen, neuen,
werdenden Kunst: kein Tändeln und Firlefänzen
, kein Dekorieren und Imitieren und
Vorspiegeln.
Mag auch Patriz Huber's Name dereinst
verklingen, sein Wollen und Wirken wird
unvergessen bleiben, und sein jugendlich sinniger
Geist möge in der Kunst fortleben wie
des Volksliedes allesgewinnende Weise.
E. W. Bredt
(Aus einem Briefe Patriz Huber's)
„Vor den Traditionen alter Kunst, und ganz besonders
derjenigen, die einst auf unserem heimatlichen
Boden erwuchs, hege ich die größte Achtung.
Viele Schönheitsgesetze verdanke ich ihr. Man sagt,
meine Kunst sei deutsch; wenn dem so ist, ist's
meine größte Freude: Ich strebe es ja nicht ängstlich
an, noch grüble ich darüber, was deutsch ist und
was nicht. Ich gebe mich selbst, lasse die Formen
in guter Stunde aus mir herausfließen, und wenn
sie deutschem Fühlen entsprechen, so liegfs wohl
daran, daß ich von Kindheit an nur alte deutsche
Kultur um mich sah und in ihr aufwuchs.
Ausdruck meiner Zeit, das soll vor allem jedoch
meine Kunst sein."
BERICHTIGUNG
Von den auf Seite 33 des Oktoberheftes abgebildeten
rheinischen Steinzeuggefäßen der Firma
Reinhold Hanke, Höhr, sind nur das vierte und
das sechste von Prof. Henry van de Velde entworfen
.
Für die Redaktion verantwortlich: h. BRUCKMANN, München.
Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G. München, Nymphenburgerstr. 86. — Druck von Alphons Bruckmann, München.
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