Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 9. Band.1904
Seite: 520
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-^4^> VOM WERT DES NEO-IMPRESSIONISMUS <^=^

ab, wo eine harte Kante an die Schroffheit
des Lebens erinnert. Es gibt da vielleicht
hundert Ausdrucksmittel für tausend Möglichkeiten
. Immerhin wird auch die veränderliche
Pinselführung nicht alles sagen können.
Aber sie wird der Wirklichkeit nicht so viel
schuldig bleiben wie der starre Schematismus
, der unaufhörlich ein kleines Farbenpünktchen
neben das Gleichgeformte setzt. Jede
Technik, die für alle Verschiedenheiten nur
ein Ausdrucksmittel kennt, wird bei neunundneunzig
Prozent dessen, was sie darstellt,
einen kleinen Widerspruch des Auges zu überwinden
haben, ehe sie Glauben findet. Ich
meine einen Widerspruch mehr zu den vielen
, die sie nicht vermeiden kann, wenn sie
ihre Konvention als ein Lebensbild ausgibt.
Jeder gleichförmigen Technik, die nach Möglichkeit
unauffällig ist, werden ihre notgedrungenen
Widersprüche nicht zu streng
nachgerechnet. Die ausgeglichene Glätte der
mittelalterlichen Malerei verstößt freilich gegen
unser Bewußtsein vom Vorkommen vieles
Harten und Rauhen. Aber es ist eine Manier,
an die man kaum denkt. Sie schließt sich
so lückenlos zusammen, daß das Auge gleichsam
keinen Halt findet, sie zu fassen. Aber
die einzelnen Elemente des neuimpressionistischen
Farbenauftrages sind von Grenzen
umgeben, die der ungedeckt stehen bleibende
Malgrund um jedes Fleckchen zeichnet:

Immer der gleiche Wechsel zwischen kleinen,
verschieden gefärbten Rechtecken, die das
Auge nicht umhin kann, als Einzelheiten zu
empfinden. Also eine Manier, die ausdrücklich
gezeigt wird und die darum ihre Abweichung
vom Wirklichen mehr zum Bewußtsein bringen
muß als notwendig wäre. Jede, auch eine willkürliche
Strichführung, wenn sie nur ihre
Richtung häufiger wechselte und dadurch
etwas weniger absichtlich schiene, würde dem
Auge nicht solche Schwierigkeiten bereiten.

Hier sind es Franzosen, die eine dem
Logischen widersprechende Pinselbewegung
grundsätzlich einführen wollen. Das ist erstaunlich
bei der sonst so entwickelten Empfindung
für die Gesetze des Strichs, die in
der französischen Malerei so verbreitet ist.
Sonst sind es im Gegenteil die Deutschen,
welche häufig auf solche Subtilitäten der
Technik nicht genug geachtet haben. Wir
ließen uns geduldig sogar Roheiten des
Farbenauftrages gefallen. Und selbst bei streng
und geduldig arbeitenden deutschen Malern
fanden sich Angewohnheiten, welche den von
ihnen angestrebten Wirkungen direkt entgegen
arbeiteten. In gewissen früheren Bildern Leibis
ist der Pinsel zwar der Form nach geführt,
aber jeder Strich so absichtlich abgegrenzt
für sich stehen gelassen, daß man kein glattes
Schmiegen der Oberfläche aus einer Richtung
in die andere, sondern einen wie mit Facetten-

GEORG MÜLLER-BRESLAU HÜNENGRAB
Elbier-Gruppe auf der Dresdener Kunstausstellung

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