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JOSEF HOFFMANN
durch die exquisite Materialbehandlung, durch
die unübertreffliche Uebersetzung der Nutzforderung
in die Zweckerfüllung zu jener
Kunstschönheit, die unserer Zeit entspricht.
In der Konstruktionslösung zeigt sich der
Künstler.
Professor J. Hoffmann hat Schule gemacht.
In der seit einigen Jahren reorganisierten,
unter der ausgezeichneten Leitung Baron Myr-
bach's stehenden Kunstgewerbeschule bildet
er Kunstjünger zu selbständigem, ehrlichem
Schaffen heran. Eine Anzahl befähigter Künstler
sind so der Industrie, den angewandten
Künsten gewonnen worden.
Wenn trotzdem mehr als anderswo gerade
in Wien jene schweren Mißverständnisse herrschen
, welche zu den tollsten Stil-Verballhornungen
führen, wenn mehr als anderswo
das Publikum, unerzogen, unaufgeklärt, die
traurigsten Harlekinaden als Aeußerungen des
Zeitgeistes hinnimmt, wenn infolgedessen
viele Elemente sich erschreckt und abwehrend
AUFGANG ZUR VILLA DES MALERS KARL MOLL
dem Zeitstil gegenüber verhalten und noch
immer lieber bei den historischen Stilkopien
bleiben, so trägt die Schuld an diesem höchst
bedauerlichen Zustand der schwere Antagonismus
, der zwischen dem österreichischen
Museum für Kunst und Industrie und der
diesem Museum affiliierten Kunstgewerbeschule
herrscht.
Bei jeder Umwälzung, bei jeder evolutiven
Bewegung, sei sie politischer, ökonomischer
oder kultureller Art, sehen wir Elemente auftauchen
, die, überzeugungslos, unbeständig,
jedes Ideals baar, sich dennoch in die Reihe
Derjenigen stellen, welche für ein geistiges
Gut mit ganzer Seele kämpfen. Das sind
die Halben, die Geschickten, die Unschöpferischen
, welche, wie jetzt bei der Bildung
unseres neuen Kunstbaus, traurige Zwitter-
Gestaltungen schaffend - dadurch den natürlichen
Entwicklungsgang unserer Kultur in
unqualifizierbarer Weise aufhalten. Man
muß sich damit abfinden.
Sonderbar aber berührt es - wenn gerade
ein Institut, welches vom Staat dazu bestimmt
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