Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 10. Band.1904
Seite: 45
(PDF, 131 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_10_1904/0057
~p4sö> NEUE ARBEITEN VON WILHELM KREIS <^^=-

Plastik zu eindringlicherer Mitarbeit
heranzieht. Hier gibt das Bildnis des
Gestorbenen den Mittelpunkt, zwei
Engel halten zu seinen Füßen Wacht.
Auf wuchtigen Säulen lastet ein ver-
kröpftes Gesims, das wieder von einer
gewaltigen Deckplatte überschattet wird.
Bis über Manneshöhe ragt die Mauer
empor; damit der Blick von vorn
wenigstens den Inhalt der Anlage erfasse
, weitet sich der Eingang im Viertelrund
auf beiden Seiten aus. Dies die
einzige weichere Linie in dem System
von rechten Winkeln, die das Düstere
des Monumentes ein wenig ins Lichte,
Menschliche verklärt. Will man dem
reizvollen Spiel von Sonne und Schatten,
das die Zeichnung diesem Entwurf geschenkt
hat, nicht trauen, so gibt der
bescheidene Aufbau eines Kindergrabes
(Abb. S. 47) Gelegenheit, den Kontur
auf seine Stimmung zu prüfen. Ein
Kranz singender Knäblein, eng um den
Stamm einer rundgewölbten Akazie gedrängt
, bildet die Spitze eines schlichten
Aufbaus; an die Verjüngung aus dem
breiten Unterteil legt sich ein Relief
von anspruchslosem Symbolismus; ein
Kind pflanzt ein junges Reis in die Erde.
Franz Kreis, des Architekten jüngerer
Bruder, hat diesen skulpturalen Teil
bearbeitet. Hier ist nichts von dem
ausladenden Pathos, das in den Bismarck
-Monumenten rollt, kein Platz für
heldenhafte Attitüden und ein Schwelgen im
gigantischen Maßstab; hier kann nur Gemüt
und herzliche Innerlichkeit das Rechte finden.
Und wir glauben, daß diese Eigenschaften
deutlich die anmutigen Linien des kleinen
Denkmals beleben, und daß, wer sich auf
einer der Bänke mit willigem Empfinden
niederläßt, den Zauber dieses ursprünglichen
Kunstwerkes auch ohne das Beiwerk der
gewachsnen Natur, von Baum und Strauch
spüren wird.

Daß Kreis ein Künstler ist, der aus dem
Stein und seinen natürlichen Kristallisationsformen
, wie sie bei schonender Behandlung
der Oberfläche bleiben, einen unendlichen
Reichtum hinreißender und erhabner Melodien
zu locken weiß, verkünden seine Riesenmonumente
, die er für die Leipziger Völkerschlacht
, für Bismarcks Gedächtnis und für
die deutsche Burschenschaft erfand. Abstrakten
Zwecken zu dienen, denen dazu
ein starker dichterischer Gehalt den Weg
zu dem Empfinden der Massen in unvergleichlichem
Maße ebnet, gilt bei gewissen

KAPITELL ZUM GRABDENKMAL DES REGIERUNGSBAUMEISTERS
MAY AUF DEM TOLKEWITZER FRIEDHOF IN DRESDEN « ENTWORFEN
VON WILHELM KREIS, MODELLIERT VON FRANZ KREIS

Verfechtern der volkstümlichen künstlerischen
Kultur für eine Tätigkeit, bei welcher der
großeGedanke dieMängel eignerschöpferischer
Formerfindung wohltätig überschattet. Sie
übersehen dabei, daß gerade eine Persönlichkeit
wie Bismarck für ein unermeßliches Gebiet
seelischer Kräfte, wie sie der sozialen Entwicklung
Deutschlands im vergangenen halben
Jahrhundert innewohnen, der notwendige
Ausdruck ist, daß der Geist, der für ihn
Denkmale über das ganze Land hin fordert,
mit gleich mächtigen Hammerschlägen an
das Tor unsrer nationalen Zukunft pocht wie
die Gewalten, die der Technik, dem modernen
Verkehr, der rein wirtschaftlichen
Entwicklung die Bahn brechen. Und wer
auf das riesenhafte Anwachsen des Sozialismus
im vergangenen Jahrfünft hinweist, der
warte nur, bis einmal wieder eine wirklich
ernstzunehmende nationale Parole über
das Land rollt, und die Massen, die heute
über die Grenzen des Vaterlandes hinaus
dem Zukunftsstaat entgegenharren, werden
sich mit einem Schlage in dem Gedanken

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