http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_10_1904/0104
-*=4sö> STREIFZÜGE DURCH ARCHITEKTUR
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WOHNHAUS CARL BEMBE, MAINZ VORDERANSICHT
ENTWURF VON EMANUEL SEIDL, MÜNCHEN, IN FÜHLUNG MIT CARL BEMBE
des Königsplatzes, wie Heinrich Bulle sie
voriges Jahr in Helbing's „Monatsheften für
Kunst und Wissenschaft" uns wieder nahe
brachte.
Einem nationalen Element näher stand
der Maximilianstil. Und als man zum dritten
Male einen ernsten Anlauf nahm, um aus
alten Quellen eine neue Dekorationskunst
zu schöpfen, näherte man sich immerhin
wieder um ein Beträchtliches den nationalen
Elementen Süddeutschlands. Können wir
aber den Satz Georg Hirth's aus seiner
klassischen Entwicklungsgeschichte des deutschen
Zimmers heute noch unterschreiben,
der da lautet: „Der Anschluß an die (deutsche)
Renaissance hat unsere Bestrebungen auf
einen gesunden und fruchtbaren Boden gebracht
" ? Sicherlich nicht; doch erst nach
der Renaissancebewegung kam die größere,
babylonische Verwirrung, die uns der kluge
und scharfsinnige Richard Streiter in seiner
geistreichen Schrift: „Architektonische Zeitfragen
" treffend und klar geschildert hat.
Wir leben noch heute in der Zeit des
Schwankens ohne Ziel, ohne Sinn und ohne
Tiefe; das betrübendste aber ist, daß die
einzelnen Architekten selbst hin und her
schwanken; wie häufig müssen wir in der
Entwicklung moderner Architekten die innere
zwingende Logik vermissen. Wie selten
können wir uns sagen, ja nur so konnte und
mußte dieser Architekt sich entwickeln. Der
einzige Theodor Fischer bildet hier eine
Ausnahme; vielleicht könnte man in einem
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