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-s»4sg> WIENER KUNST IM HAUSE
voll zum Ausdruck. In der
Technik der Kleinkünste
dürfte Messner besonders
für Metallarbeiten prädestiniert
erscheinen. Seine
hier abgebildeten Vasen und
Lampen geben so recht
den geometrischen Formelstil
seiner „Gerüstkunst"
wieder.
Die zwei weiblichen Mitglieder
der „Wiener Kunst im
Hause", Baronesse Gisela
Falke und Marietta Pey-
fuss, wissen in den verschiedensten
Ausdrucksarten
kunstgewerblichen
Könnens wohl Bescheid.
Baronesse Falke hat besonders
mit ihren opaken-
sch iiiern den Glas flußformen
viel Glück. So ist der vieleckige
Blumenbehälter im
schimmernden Opalton für
weiße Blüten sehr stimmungsvoll
. Die silberne
Damentoilette hätte jedoch
eine etwas weniger starke
Ornamentik vertragen. Marietta
Peyfuss wendet sich
vor allem den Textilen
zu. Sie empfindet Muster
und Material als Einheit.
Aeußerst produktiv in der
Anwendung neuer technischen
Behelfe weiß sie
ihre Ausdrucksformen sehr
interessant zu variieren.
Für die gestickten oder applizierten Arbeiten
auf Leinwand wendet sie ganz andere
Motive an, als für die von ihr mit Temperafarben
bemalten Stoffe. Auch für die Behandlung
des Lederschnittes weiß Fräulein
Peyfuss neue Arten. So ist die Buchhülle
aus weißer Leinwand, mit schwarzem Leder
darüber, und dem dann herausgeschnittenen
Ornament eine sehr sinnreiche Erweiterung
der Ledertechnik. Korbmöbel von Herrn
Vollmer und zwei sehr liebe biedermaie-
risch gedachte Ventilationsbekleidungen der
Frau Luksch-Makowsky seien noch erwähnt
.
Man wird die sehr prägnante österreichische
Note, wie sie Hoffmann und Moser zuerst
anschlugen, an den hier gezeigten Bildern
wohl herausfühlen. Das Hervorheben des
rein tischlerischen Geistes ist gute Wiener
Ueberlieferung. Die sorgsame Aneinander-
michael powolny
hermen
fügung der glatt polierten Hölzer; die seltene
Sauberkeit und Feinheit der Flächenbehandlung
, die Ruhe und Reinheit der Silhouet-
tierung weisen auf bestimmte Traditionsanknüpfungen
, weisen auf die in ihrer
Art einzige kunstgewerbliche Blüte der
dreißiger Jahre hin. Auch das Ornament
hat seine ganz besondere Art. Der impressionistisch
-japanische Anklang, wie wir ihn
durch England erhielten, ist überwunden,
ebenso die Liniensymbolik der belgischen
Schule. Nur einfache geometrische Motive
, ein Kreis, ein Triangel, ein Viereck
bilden in den verschiedenartigsten Auflösungen
und Verbindungen eine schlichte
Zier.
So finden wir die geklärte Moderne, welche
das Entwicklungsergebnis des österreichischen
Kunstgewerbes ist, durchwegs bei der „Wiener
Kunst im Hause". Die feste Struktur der
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