http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_10_1904/0196
-WIENER KUNST IM HAUSE <o^-<r~
FRANZ MESSNER
SCHLAFZIMMER AUS POLIERTEM AHORNHOLZ « AUSGEFÜHRT VON CLEMEN PACHER, WIEN
Tast- und Spürsinns — vielleicht ist er dies
überhaupt und nichts anderes — sich auffällig
der Grenze nähern, wo das Schaffen beginnt.
Dann rechnet er nämlich nicht mit Vergangenheiten
, sondern mit den Möglichkeiten
der Zukunft, und wählt unter diesen schon
aus, und vermittelst dieser raffinierten Operationstechnik
erborgt er sich den Schein
des Schöpferischen. Hier scheint es manchmal
, kann es scheinen, als ginge der Geschmack
auf diesen Wegen Hand in Hand
mit dem bewußt gewordenen Schaffen. Es
scheint nur so. Allerdings kommt es dem
nahe. Aber hier liegen Wesensunterschiede.
Das Schaffen hat eben dieses Selbstherrliche,
das es der Art seines inneren Lebens — da
es Leben ist — entnimmt. Bewußt oder
unbewußt — diese Unterscheidungen sind
übrigens überflüssig, da sie nur Entwicklungsperioden
im Leben des Einzelnen repräsentieren
, weiterhin seine Stellung zu dem
Ganzen charakterisieren u. s. w. u. s. w. Das
Werk löst sich von ihnen, wenn es sich auch
auf diesen Stützen vielleicht zu Anfang hielt;
es kommt nur darauf an, wieviel selbständiges
„Sein" darin ist, wieviel Lebensfähigkeit
es ausstrahlt —: das Schaffen ist. Und
es ist das Kennzeichen des Geschmackes,
daß er sich diesem Seienden immer zu nähern
sucht, sich mit ihm zu decken sucht, Begründungen
von ihm entnimmt. Er will ihm
gleich sein. In dieser Abhängigkeit liegt
sein Urteil.
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