Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 10. Band.1904
Seite: 289
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VON DER DEUTSCHEN SEKTION DER WELT-AUSSTELLUNG

IN ST. LOUIS 1904:

DAS BAYERISCHE KUNSTGEWERBE

RUDOLF VON HEIDER

KERAMIK

Als im
Jahre
1893 die
Frage der

Beschik-
kung des

„Worlds
Fair"inChi-
cago aufs
Tapet kam,
lebte man
in Europa
vielenorts
der festen

Ueberzeugung, daß die Amerikaner, erstaunt
und verblüfft über die Entwicklung europäischer
Gebrauchskunst, alles und jedes mit
Dank hinnehmen würden, was ihnen das
alte Mutterland bieten würde. Das ist nicht
so ganz und gar eingetroffen, denn wer sich
im Vollgefühle eigener Wertschätzung gefällt,
hat zumeist wenig Sinn für das, was andere
Leute leisten.

So kam es auch da. Obschon die Amerikaner
nie ein Hehl aus ihrer rapiden Entwicklung
gemacht haben, so gab es doch in der alten
Welt genug Leute, die davon entweder wirklich
nichts wußten — und das waren die
meisten — oder solche, die nichts davon
wissen wollten und von dem Grundsatze ausgingen
, man müsse drüben, über dem Ozean
überhaupt mit allem zufrieden sein, was
seitens der kulturstarken alten Welt angeboten
würde. Daß man einen gründlichen Korb
dabei einheimsen könne, nahmen nur ganz,
ganz wenige an. Wo aber diese sprachen
und warnten, da tönten ihnen überlegene
Reden entgegen. Der Erfolg zeigte dann, wie
die Verhältnisse eigentlich gelagert waren,
denn der Korb, den man tatsächlich einheimste
, ließ an Vollkommenheit nichts zu
wünschen übrig.

In den verflossenen zehn Jahren hat sich
das Bild abermals wesentlich verändert, nicht
zugunsten der alten Welt. Drüben gibt es
gescheidte Menschen, offene Köpfe und Talente
gerade genug. An den Mitteln zur Ausbildung
derselben wird nicht gespart, ja in
vielen Beziehungen haben hinsichtlich des

Unterrichtswesens sich die Verhältnisse dort
in einem Maße entwickelt, auf das mit Neid
hinzuschauen wir eigentlich allen Grund haben,
denn drüben gilt der Grundsatz, der gesamte
Schulapparat mit allen Begleiterscheinungen,
Museen u. s. w. sei für die Lernenden da,
nicht aber der umgekehrte. Freilich darf man
sich nicht wundern, wenn auch in unseren
Tagen noch zuweilen ganz merkwürdige Anschauungen
über amerikanische Verhältnisse
Gehör finden, hat doch selbst der geistreiche
Verfasser von „Gehirn und Seele", Prof.
Forel in Zürich, nach einem äußerst kurzen
Aufenthalt in den Vereinigten Staaten, den
er zur Abhaltung einiger Vorträge benutzte,
nicht umhin gekonnt, in absprechendster
Weise sich über amerikanische Universitätsverhältnisse
auszusprechen, trotzdem er diese
Universitäten während der Ferien besuchte,
wo sie gar nicht in Betrieb standen. Die
Antwort von Professor Hugo Münsterberg
an der Harvard-University zu Cambridge bei
Boston, abgedruckt in der Juni-Nummer 1900
der „Zukunft", ließ an Deutlichkeit und
Schärfe nichts zu wünschen übrig.

Als die Beteiligung Deutschlands bei der
Weltausstellung in St. Louis angeregt wurde,
lagen Verhältnisse und Meinungen wesentlich
anders. Man wußte doch schon so halb
und halb, daß das, worauf die modernen Arbeiter
auf dem Gebiete der angewandten Kunst
stolz sind, die Verwerfung unnützer Zierbeigaben
verbunden mit einer großzügigen
Behandlung des Stofflichen, drüben denn
doch keine so absolut neue Erscheinung sei,
während in Bezug auf die luxuriöse Hauseinrichtung
im Sinne historischer Stilarten
in Europa wohl kaum Höheres geleistet wird,
als in den Vereinigten Staaten. Räume wie
der Speisesaal in Newport Residence des Cornelius
Vanderbilt (Architekt: M.Hunt), die
Halle und Treppenanlage im gleichen Gebäude,
der Drawing-Room im Palaste von Clarence
makay(Architekten:McKRiN,mead& White),
die Bibliothek im Hause von William C.
Whitney und ungezählte andere Erscheinungen
halten den Vergleich mit jedem europäischen
Fürstenschlosse aus. In Bezug auf
die Ausgestaltung des bürgerlichen Wohn-

Dekorative Kunst. VII. 8. Mai 1904,

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