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*sp4^> DAS BAYERISCHE KUNSTGEWERBE IN ST. LOUIS <^=v~
hauses aber können die amerikanischen Leistungen
ohne weiteres als Vorbilder gelten,
deren intensives Studium europäischen Bauherren
und Architekten nur von Nutzen
sein dürfte. Praktische Anlage des Grundrisses
, hygienische Rücksichtnahmen aller
Art, Entwicklung des Hauses von innen nach
außen, das alles erfährt in den Vereinigten
Staaten eine Wertschätzung ohne gleichen.
Wenn somit eine Beteiligung deutscherseits
an den Vorführungen auf diesem Gebiete bei
der Weltausstellung in St. Louis in Szene
gehen sollte, so konnte es sich diesmal nur
darum handeln, zu zeigen: „So machen wir
es", — obschon auch das nicht allgemein
zutreffend ist, nachdem wohl kaum jemand
die Kopie des Charlottenburger Schlosses im
Ernst für eine geeignete Vertretung des
deutschen Hauses, wie unsere Zeit es zeigt,
halten wird. Es ist eine seltsame Geschichte,
daß man bei solchen Gelegenheiten pomphaftes
Auftreten der künstlerisch schlichten,
aber fein angeordneten Vorführung von Tatsachen
immer noch vorzieht. Beim Wissenden
wirkt das doch längst nicht mehr; jene breite
Masse des amerikanischen Volkes aber, in
der das eigentliche Schwergewicht der Kulturbestrebungen
seinen festesten Stützpunkt
findet, und welche die geistige wie auch
künstlerische Zukunft der Vereinigten Staaten
darstellt, kümmert sich wenig um dergleichen
Dinge, von denen der Einsichtsvolle dort genau
ebensoviel hält wie diesseits des Atlanticus.
Die Beteiligung seitens Deutschlands, speziell
Bayerns, an der amerikanischen Weltausstellung
konnte selbstverständlicherweise,
soweit es sich um die angewandte Kunst
handelt, nicht jene Dimensionen annehmen,
die sie 1900 in Paris, 1902 in Turin aufgewiesen
hat. Kommt auch die Frage des
Absatzes vielleicht bei diesem und jenem
Spezialartikel in Betracht, so war es doch
so ziemlich ausgeschlossen, daß hier die
Privatbeteiligung in größerem Maßstabe auf
ihre Kosten kommen würde. Die Lust zur
Beteiligung war auch anfangs durch die den
Ausstellern zugemuteten Auslagen keine sehr
rege. Der Umstand, daß im weiteren Verlauf
Erleichterungen wesentlicher Art geboten
wurden, hat auch später keinen eigentlichen
Zug in die Sache zu bringen vermocht.
Das Resultat jener Ausstellungen, wo man
wirkliche Chancen voraussetzen konnte, ist
fast durchweg ein wenig zufriedenstellendes
gewesen. So blieb, nachdem eine kräftige
Privat-Initiative völlig ausblieb, nur der Weg
übrig, daß der Staat als Aussteller auftritt,
d. h. daß er in St. Louis Dinge zur Vorführung
bringt, die später einem bestimmten
Zweck im eigenen Lande dienen sollen, so-
ferne sie den zweimaligen Transport über
See und die Schrecken einer Weltausstellung
glücklich überdauern. Die zu einer Arbeitskommission
für Bayern zusammengetretenen
Künstler verteilten die in Betracht kommenden
Aufgaben unter sich und zwar so, daß Professor
Martin Dülfer die Ausstattung des
den Mittelpunkt der bayerischen Ausstellung
bildenden Repräsentationssaales mit Vorhof,
Richard Riemerschmid das Direktionszimmer
der Industrieschule in Nürnberg
(Ausführung von B. Kohlbecker & Sohn in
München), Gebr. Rank das Empfangszimmer
des Regierungspräsidenten in Bayreuth (Ausführung
M. Ballin in München) und Bruno
Paul das Arbeitszimmer des Regierungspräsidenten
in Bayreuth (Ausführung von den
Vereinigten Werkstätten in München) zur Ausführung
übernahmen. Architekt Berlepsch-
Valendas hatte die Mitarbeiterschaft an den
Arbeiten für St. Louis dankend abgelehnt.
RICHARD RIEMERSCHMID «GARDEROBE-ECKE AUS
DEM NEBENSTEHENDEM DIREKTIONSZIMMER « «
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