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DER WELTAUSSTELLUNG IN ST. LOUIS <^5~
Schriften die hier mitgeteilten Gedankengänge
zuerst ausgesprochen worden sind, und dessen
Arbeiten über die Art zu wirtschaften nicht
genug empfohlen werden können*), hat darauf
mit folgenden Sätzen geantwortet: „Die
Aufgabe des Kaufmannes ist es, für die Bedürfnisse
der Nation zu sorgen. Es ist ebensowenig
seine Lebensaufgabe, aus dieser Funktion
seinen eigenen Nutzen zu ziehen, als
es die des Geistlichen ist, sein Gehalt zu
beziehen. Dieses Stipendium ist eine ihm
gebührende und notwendige Beigabe, aber
keineswegs, wenn er ein wahrer Seelsorger
ist, der Zweck seines Lebens, ebensowenig,
wie das Honorar für einen wahren Arzt der
Zweck seines Lebens ist. Und ebensowenig
soll der Gewinn für einen wahren Kaufmann
der Zweck seines Lebens sein. Alle drei
haben, ohne Rücksicht auf Lohn, wenn sie
echte Menschen sind, eine Arbeit zu verrichten
- um jeden Preis, ja selbst für das
Gegenteil von Belohnung, indem der Geistliche
zu lehren, der Arzt zu heilen, der
Kaufmann für unsere Lebensbedürfnisse zu
sorgen hat. Das heißt: er muß von Grund
aus die Eigenschaften dessen, womit er
handelt, sowie die Mittel, wie es erzeugt und
herbeigeschafft wird, kennen; und er muß
seine ganze Vernunft und Energie aufwenden,
um es möglichst gut herzustellen oder es in
vollkommen gutem Zustande herbeizuschaffen
und zu möglichst billigem Preise dort, wo
man seiner am meisten bedarf, zu verteilen."
Diesen Gedanken kann sich der Kaufmann
nur entziehen, wenn er die Geltung der
*) John Ruskin, »Wie wir arbeiten und wirtschaften
müssen«, übersetzt von J. Feis. Straßburg,
J. H. Ed. Heitz. M. 3.—.
Sittlichkeit für unser Leben verneint. Das
wagt er nicht. Meistens errötet er im ersten
Augenblick, wenn man ihm mit einem idealen
Plan kommt, und ist in arger Verlegenheit, bis
er dann die Zumutung polternd mit Gründen
kaufmännischer Allerweltslogik zurückweist.
Wer von ihm fordern dürfe, sein Geld zu
riskieren, er habe doch sein Geschäft nicht zu
seinem Vergnügen, sondern um Geld zu
füllung aus patinierter bronze mit teilweiser
vergoldung (klasse c. kloucek) «
Dekorative Kunst. VII. 10. Juli 1904.
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