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-sj-4sd> AUSSTELLUNG DER DARMSTÄDTER KÜNSTLERKOLONIE 1904
LUDWIG HABICH
einer umfangreichen Atelierausstellung
VOnJOHANN
V. Cissarz, enthält das
Ernst Ludwigshaus in seinem
Vestibül eine kleine
Kollektion von neuen Plastiken
Ludwig Habichs.
Die Abbildungen entheben
uns einer weitläufigen Beschreibung
. Eine Büste des
Großherzogs von Hessen
(Abb. S. 49) in Hermenform
, Bronze auf Granitsockel
, durchbricht die
herkömmliche Typik des
Fürstenporträts mit Epau-
letts und Fangschnüren
auf der großen Generalsuniform
aufs glücklichste.
Der sprechend geöffnete
Mund, zusammen mit den
PORTRÄTBUSTE (BRONZE)
sensiblen Nasenflügeln gibt ein äußerst lebendiges
Bild von der zwanglos-eleganten Form
und der geistreich-heiteren Art, in der bei
dem Dargestellten ein ebenso sensitives, wie
temperamentvolles Empfinden sich auszusprechen
pflegt. Habich hat ferner die für
Marmor bestimmte Büste eines hohen Militärs
und ein gut auf den Charakter der Bronze
berechnetes Porträt eines Politikers ausgestellt
: feudale Sicherheit
und agitatorische Lebhaftigkeit
sind hier in typischen
Bildern gegenübergestellt
. Ein lebensgroßer,
für den Großfürsten Ser-
gei von Rußland ausgeführter
, in eine Grabkapelle
gedachter Bronzeengel
hält sich offenbar mit
Rücksicht auf die hieratische
Umgebung äußerlich
in konventionellen
Formen, zeugt aber im
einzelnen wie z. B. in
der feinen Zeichnung der
bloßen Arme und der
Hände von dem lebhaften
Naturgefühl des Künstlers.
In höherem Maße noch ist
dies der Fall bei einem
weiblichen Torso von ungewöhnlicher
Schönheit
der mädchenhaften Formen
, eine Arbeit, der man
eine glorreiche Auferstehung
in Marmor von Herzen
wünschen möchte. In
LUDWIG HABICH c WEIBLICHER TORSO(GIPS)
einem Grabrelief nähert sich der Künstler
antiker Form, indes nur äußerlich, auch hier
scheinen Figuren und Gewänder im einzelnen
durchaus studiert und selbständig empfunden.
Rein dekorativ ist ein Majolikarelief „Faun-
Familie" gedacht, während der Kopf eines
schönen Hühnerhundes in kräftigster Formgebung
auch eingehender Prüfung standhält.
Noch unreif und ungleichartig, aber keineswegs
ohne Talent debütiert
ein Anfänger in der Plastik
, Dr. Greiner, auf
der Darmstädter Ausstellung
. Der Künstler, dermit
einer Reihe von Büsten und
Dekorationsplastiken auftritt
, schwebt zunächst noch
zwischen Rodinscher Gipsplastik
und Neu-Münche-
ner Steinmetzbildhauerei.
Das ist ein weiter Spielraum
, in dem der Künstler
früher oder später gewiß
sich selber finden wird.
Eine etwas abseits gelegene
, reizvolle Wandbrunnenanlage
, ein elipti-
sches Becken mit hoher,
mosaikgeschmückter Rückwand
, die mit einer humoristischen
Wasserspeiermaske
von Habich und
kleineren Tierfiguren von
Greiner belebt ist, gehört
zu den glücklichsten architektonischen
Einfällen
Olbrichs. e. w.
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