Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 12. Band.1905
Seite: 149
(PDF, 141 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_12_1905/0163
K. Lange,
Bernhard
Pankok.

Bernh. Pankok in Stuttgart, Obere Endigung der auf S. 148 abgebildeten Uhr. In Bronze getrieben, ausgesägt und ciseliert durch

die Kunstgewerbliche Werkstätte von Paul Stotz in Stuttgart.

halten, in dem sich ein dem Ganzen untergeordnetes und doch wieder selbständiges
organisches Leben ausspricht.

Nun hat man allerdings bei uns in Deutschland etwa ums Jahr 1900 die überraschende
Entdeckung gemacht, daß das Ornament etwas künstlerisch Verwerfliches
sei, und daß das Holz, weil es gerade wachse, nur in ebenen Flächen und geraden
Linien bearbeitet werden dürfe, kurz daß alles Heil im geometrischen Schematismus
nach schottischem oder Wiener Vorbild bestehe. Das beste Mittel zu einer wahren
Möbelkunst zu kommen, wäre demnach das, sich gewissermaßen als Urmensch
mit einem Feigenblatt und einer Axt bewaffnet in einen Wald zu stellen und sich
aus dessen Bäumen seine Möbel selbst zu zimmern. Ueber diese paradiesische Unschuld
kann ein Mann, der die Kunstgeschichte kennt und in den Möglichkeiten der
Techniken zu Hause ist, nur lächeln. Er sieht in diesem Evangelium einiger blasierter
Dekadents nur eine sehr begreifliche Reaktion gegen die geschwungene belgische Linie
und den aus ihr entwickelten ..Jugendstil'*, der sich zur wirklich modernen Kunst
etwa verhält wie der Commis voyageur zum Großkaufmann oder der dumme August
zum Herrenreiter.

Das einzig Wahre, was an dieser ganzen Theorie ist, ist die Tatsache, daß die
Kunstform sich mit der materialgerechten Ausführung und der praktischen Zweckmäßigkeit
verbinden muß, wenn etwas Einwandfreies zustande kommen soll. Und
davon ist auch Pankok überzeugt. Man wird in seinen Möbeln zwar viele komplizierte
Konstruktionen, aber keine einzige materialwidrige Verbindung, keinen einzigen
unvernünftigen Fugenschnitt, keine einzige aufgeleimte oder sonstwie unsolide
Verzierung finden. Und wo seine Konstruktion einmal etwas von derjenigen abweicht,
die auf den Kunstgewerbeschulen gelehrt wird, sollte man sich immer fragen, ob sie
nicht trotz ihrer Neuheit ganz gut mit den zur Verfügung stehenden Mitteln ausgeführt
werden kann, und ob sie nicht durch die wohlüberlegte Richtungsverschiedenheit
der einzelnen Teile, z. B. durch die Wirkung des Glanzes und der Maserung eine ganz
bestimmte künstlerische Wirkung erzielt, die beabsichtigt war.

Und was die praktische Zweckmäßigkeit betrifft, so ist wohl klar, daß diese durch
gebogene und geschweifte Formen durchaus nicht beeinträchtigt zu werden braucht.
Im Gegenteil, der menschliche Körper ist ja selbst aus- und eingebogen und fügt
sich nur schwer dem geometrischen Schematismus der geraden Linie. Ich habe auf
allen Stühlen Pankoks gesessen und viele seiner Tische und Schränke benutzt und
kann nur sagen, daß sie der überwiegenden Mehrzahl nach sehr bequem sind, oft

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