Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 13. Band.1906
Seite: 88
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-*=4^> DIE AUSSTELLUNG VON HANDZEICHNUNGEN IN DRESDEN

mittelbare Gestaltenscharren aus Natureindrücken
heraus. Eine wundervolle, unsere
Einbildungskraft mit herrlichen ungekannten
Vorstellungen bereichernde Welt!

Dies also sind die verschiedenen Bildungen,
nach dem Gegenständlichen betrachtet, welche
solchen Werken eigentümlich sind. Dies ist
das Schaffen, welches zu der Ursprünglichkeit
dichterischer Belebung der Natur zurückkehrt
, dies die Wiedergeburt des Reinmenschlichen
aus der Landschaft!

Dichterische Belebung! Zu dichten,das sollte,
wie neuerdings behauptet wurde, dem bildenden
Künstler unerlaubt sein? Damit träte
er aus den Grenzen seiner Kunst heraus?
Dichten ist die ursprünglichste aller künstlerischen
Betätigungen, es ist das erste.
Ohne Dichten ■ das dürfen wir den Gegnern
der Kunst unserer beiden Meister entgegenhalten
ist niemals ein Kunstwerk
geschaffen worden, weder der bildenden noch
der Tonkunst, aber Dichten in dem freiesten
Sinne einer im Schauen gestaltenden Phantasie
, welche, mit der Welt der Erscheinungen
schaltend, diese und sich selbst den höchsten
seelischen Bedürfnissen des Menschengeschlechtes
dienstbar macht!

GEDANKEN ÜBER KUNST

Was würde die Natur sein, wenn sie keine Blumen
hervorbrächte? Kunst sollte die Blume des Lebens
sein und die Liebe zur Natur. Wenn sie uns das
nicht gibt, ist sie eine Wüste oder eine Wiese ohne

Blumen. Giovanni Segantini

DIE AUSSTELLUNG VON HANDZEICHNUNGEN
IM KUNSTSALON
ARNOLD IN DRESDEN

Cs ist noch nicht allzulange her, daß auch Hand-
^ Zeichnungen öffentlich ausgestellt werden können,
ohne daß es dafür einer Rechtfertigung bedürfte —
ein Zeichen, daß die künstlerische Kultur doch einige
Fortschritte gemacht hat. Erfordern doch künstlerische
Handzeichnungen zumeist eine ganz andere
Einstellung des Beschauers, eine viel stärkere Entäußerung
und Hingabe an das Kunstwerk als fertige
Werke. Alles, was dem vollendeten Kunstwerk
seinen erhöhten Reiz gibt, fehlt ja den Handzeichnungen
: die geschlossene Einheit, die wohldurchdachte
Komposition, die studierte Farbengebung,
die Durchbildung der Einzelheiten in ihrem Wertverhältnis
unter sich und zum Ganzen usw. Zum
mindesten pflegt die Handzeichnung nicht alle diese
Eigenschaften in gleichem Grade aufzuweisen. Oft
gilt es dem Künstler nur, eine flüchtige Beobachtung,
sei es Bewegung oder Farbe festzuhalten, einen
momentanen Einfall für spätere Verwendung auf
das Papier zu bannen oder zu erproben, wie etwas
aussieht, oder auch nur die Hand und das Gedächtnis
zu üben. Nicht stört den Künstler dabei
der Gedanke an den künftigen Beschauer, an den
Käufer; er schafft nur zu eigenem Bedarf, zu eigener
Befriedigung und Freude. Er betont auch nur gerade
das, worauf es ihm im Augenblicke ankommt; alles
andre läßt er dahinten, denn es bedarf keines Ausgleichs
zwischen den verschiedenartigen Anforderungen
, die das vollendete Kunstwerk stellt. Kein
Wunder, daß solche Skizzen einen so hohen Reiz
der Frische und Unmittelbarkeit besitzen, der dem
endgültigen Werk nicht selten — wenn's gut geht,
zugunsten anderer Eigenschaften verloren geht, daß
sie Einzelreize aufweisen, die ein fertiges Werk
nicht haben darf, kurz, daß sie künstlerische Genüsse
bieten, die eben im Wesen der Handzeichnung
begründet sind. Natürlich kann die Zeichnung auch
ganz anderer Art, ein allseitig durchgebildetes Kunstwerk
sein, das sich nur statt der Farbe des Stiftes

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