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-s^s£> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <ö^=^
max slevogt
totentanz (1896)
und mehreren neuen Arbeiten sehen. Die beste
davon ist die 1891 gemalte, aus der ersten Ausstellung
der Münchner Sezession 1893 bekannte
>Magistratssitzung zu Landsberg am Lech«. Wenn
man jetzt an eine derartige Schöpfung in malerischer
Beziehung vielleicht auch andere, höhere
Ansprüche stellt, so muß man das riesige Bild als
eine anständige, künstlerisch überlegte Leistung
doch schätzen, ja, man ist geneigt, sie sehr hoch
zu bewerten, wenn man sieht, was Herkomer jetzt
in dieser Art hervorbringt. Er hat ein Gegenstück zu
dieser Magistratssitzung gemalt, eine >Bürgerver-
sammlung im Landsberger Rathaus«. Man kann
sich nichts Ungeschickteres denken, als diese Darstellung
von etwa vierzig Männern, die an einem
quer vor den Fenstern eines Saales in Form eines
Vierecks, an dem die vordere Seite fehlt, aufgestellten
Tisch sitzen. Man weiß nicht, wo hinsehen
bei diesem Bilde. Jeder feste Punkt fehlt darin.
Und diese von den vielen Personen in gleichförmiger
Schilderung hervorgerufene Unruhe wird noch
vermehrt durch die großen Fenster des Saales, durch
deren Scheiben man auf die altertümlichen Giebel
des Marktplatzes blickt. In dem älteren Bilde zieht
das blauverhängte Fenster hinter dem Bürgermeistertisch
sofort den Blick auf sich und gibt so der
Komposition eine Art Schwerpunkt. Hier aber
flackert alles durcheinander, zumal Herkomer entgegen
seiner sonstigen Gewohnheit eine impressionistische
Malweise gewählt hat. Der Effekt ist eine
Trivialität in Riesenformat, ein Bild ohne Geist,
ohne Weisheit und ohne Geschmack. Einen größeren
Mangel an solchem aber verrät beinahe noch ein
anderes Werk Herkomers, in dem er seine Frau in
cremefarbener Balltoilette im Vorraum seines Hauses,
im Begriff zu einem Fest zu fahren, dargestellt und
sich dazu, wie er ihr den gelbgefütterten, schwarzen
Mantel über die Schultern legt. Hätte der Besitzer
von Bushey nicht zufällig seine gesamten
Orden angetan, man würde ihn für den Diener
des Hauses halten. Und was für eine langweilige,
konventionelle Malerei. Von ähnlicher Güte ist das
Bildnis einer Mrs. S. L. Lazarus, die in einem kornblumenblauen
Crepe-Kleide auf einem Divan vor
einem blauen Vorhang sitzt. Das könnte farbig
interessant sein, wirkt aber tatsächlich gewöhnlich.
Dann ist da ein kleineres Bildnis des Herzogs von
Meiningen, den man in einer braunen, grünbesetzten
Hausjoppe in einem Sessel sitzen sieht. Der Ausdruck
des Kopfes emphatisch, die Malerei gesucht effektvoll.
Der weiße Bart des Fürsten fällt koloristisch vollständig
aus dem Bilde heraus. Andere Bildnisse,
so das des Sohnes Lorenz Hans Herkomer und
das eines Herrn F. passieren; obwohl der braunrosa
Ton, auf den sie gestellt sind, nicht angenehm ist.
Dagegen wirken die Porträts der Miss Herkomer und
des Mr. George Harcourt teils photographisch,
teils sehr unsicher, und einige kleinere Bilder
sind unzweifelhaft Kitsch. Wenn Herkomer in
dieser Weise fortfährt, werden selbst seine Bemühungen
um den Automobilsport nicht hinreichen,
ihn als Porträtmaler bei der deutschen Plutokratie
in Mode zu bringen. Ernst Oppler ist gewiß kein
Genie, aber sein Doppelbildnis eines Ehepaares macht
gegenüber den prätentiösen Leistungen des Deutsch-
Engländers durch ein gewisses liebevolles Eingehen
auf das Wesen der dargestellten Menschen und die
diskrete Malerei einen direkt vornehmen Eindruck.
Die inhaltsreichen und künstlerisch sehr bedeutenden
Kollektionen von Karl Schuch und Ludwig
Munthe haben anläßlich ihrer Vorführung in Köln
ausreichende Erwähnung gefunden. Maximilian
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