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FRANKO IS SIMONEAU (1783-1859)
BILDNIS
FUNFUNDSIEBZIG JAHRE BELGISCHER MALEREI
Von Walther Gensel
Frankreich und England haben ihre „Jahrhundertausstellungen
" längst gehabt,
Deutschland wird ihnen in wenigen Wochen
nachfolgen. So gewinnt das ungemein vielgestaltige
und schwankende Bild der Kunst
des 19. Jahrhunderts nach und nach immer
greifbarere Form. Aber wenn aus diesen drei
Ländern auch die fruchtbarsten Anregungen
und die stärksten Persönlichkeiten hervorgegangen
sind, vollständig und zusammenhängend
wird das Bild doch erst, wenn man auch
die anderen Länder hinzunimmt. Und zwar
könnte man, wenigstens bei der Malerei,
Italien und Spanien fast noch eher entbehren
als Belgien, Holland und die skandinavischen
Länder. Zumal die belgische Kunst hat von
der romantisch-historischen Periode an über
den Realismus und die Freilichtmalerei bis
I.
zu den jüngsten Phasen des Impressionismus
als gelehrige Schülerin der französischen Kunst,
deren Lehren sie den eigenen Anlagen gemäß
ausbaute und an andere Länder vermittelte,
eine bedeutende Rolle gespielt. So war es
eine dankbare und genußreiche Aufgabe, in
diesem für die Belgier so ereignisreichen
Jubiläumssommer neben den herrlichen Ausstellungen
alter Kunst auch die beiden Vorführungen
moderner Kunst in Brüssel und
Lüttich zu studieren. In Brüssel hatte man
in über tausend Werken fast nur toter Meister
einen Ueberblick über die Entwicklung seit
1830, in Lüttich in über vierhundert zeitgenössischen
Werken einen solchen über den
gegenwärtigen Stand der Künste zu geben
versucht.
Freilich darf man die moderne belgische
Die Kunst für Alle XXI. 7. 1. Januar 1906.
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