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-*=4^> DAS RECHT AM EIGENEN BILD <^*-
üblich, figürlich die Hauptsache an dem Monumente
werden sollte.
Es ist Brauch bei uns, daß man bei vaterländischen
und anderen festlichen Veranstaltungen
eine Büste oder ein Bild des
Landesherrn oder einer sonst gefeierten Persönlichkeit
in dem festlich geschmückten
Raum anbringt. Wenn dann auch der Festberichterstatter
eines Provinzblattes seinen
Lesern erzählt, daß bei dem Feste mitten
unter üppigem Pflanzengrün der „erhabene
Gipskopf des Landesherrn" zu sehen gewesen
sei, was liegt daran? man weiß ja doch, wie
die Sache gemeint ist, man weiß, daß der
Landesherr durch die Aufstellung seines
Bildes geehrt werden soll, und wer hätte je
daran gedacht, hiezu vorher die Erlaubnis
des also geehrten Mannes einzuholen?
Diesem Brauche will auch der hier besprochene
Gesetzentwurf keinen Abbruch
tun: Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte
sollen ohne die Genehmigung, die
sonst in dem oben mitgeteilten Absatz 1 des
§ 16 gefordert wird, verbreitet und zur Schau
gestellt werden dürfen, soferne dadurch nicht
ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten
verletzt wird. Nach der dem Entwürfe beigegebenen
Begründung ist der Ausdruck Zeitgeschichte
im weitesten Sinne zu verstehen:
er soll nicht nur die Verhältnisse des eigentlichen
politischen Lebens, sondern auch alle
sonstigen Vorgänge des Volks- und Kulturlebens
umfassen, die für die Mitwelt Interesse
bieten. Wer also auf einem dieser Gebiete
über seine Zeitgenossen emporragt, der wird
nach dem Entwürfe, was das Recht am eigenen
Bild anlangt, eine Person minderen Rechtes
sein. Die Motive des Entwurfes sprechen
der Allgemeinheit ein gewisses publizistisches
Anrecht an der freien Darstellung solcher
Personen zu. Ganz gewiß mit Recht. Aber
ebenso unberechtigt ist es, wenn der Mann,
der sich keine besonderen Verdienste um
seine Mitmenschen erworben hat, für sein
Bild einen so weitgehenden Schutz erhalten
soll wie der Entwurf ihn vorsieht: Die
öffentliche Schaustellung und Verbreitung
eines Bildnisses, durch die man den Landes-
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