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-*=4=^> DAS RECHT AM EIGENEN BILD <^^-
herrn und die Besten des
Volkes ehren zu können
glaubt, soll nach dem Entwürfe
, wenn sie dem gemeinen
Mann ohne seine
Einwilligung widerfährt, sei
es auch in ganz harmloser
Absicht, dem Abgebildeten
oder seinen Angehörigen
die Berechtigung geben, gegen
den Missetäter auf Bestrafung
anzutragen.
Verlangt unser Rechtsgefühl
wirklich nach einem
solchen Schutze für das
Recht am eigenen Bild?
Vor einiger Zeit hat man
in einer deutschen Stadt
eine merkwürdige Entdeckunggemacht
. Die Stadt
hatte Monarchenbesuch erhalten
und die Väter der
Stadt hatten, um dieses
denkwürdige Ereignis der
Nachwelt zu überliefern,
einem Maler den Auftrag
gegeben, den Empfang der
hohen Herrschaften in einem
Bilde für den Sitzungssaal
des Rathauses darzustellen
. Bis das Bild zur
Ausführung kam, war aus
dem Regimente der Stadt ein
Mann ausgeschieden; ein
anderer war an seine Stelle
getreten und siehe: Das
Bild zeigte an dem Platze des Ausgeschiedenen
den Nachfolger, der dem Empfange gar nicht
oder doch nicht an so hervorragender Stelle
angewohnt hatte. Es ist mir nicht bekannt,
ob und wie dieser Vorgang aufgeklärt worden
ist. Ich denke mir, der Herr Nachfolger
würde, wenn man ihn gefragt hätte, kaum
seine Einwilligung dazu gegeben haben, daß
man in dieser Weise sein Bild dorthin setzte,
wohin von Rechts wegen das seines Vorgängers
gehörte, und weil das Bild den Verdacht erwecken
konnte, als hätte er durch eine dem
Maler gewährte Sitzung seine Zustimmung
zu dieser Geschichtsfälschung en miniature
gegeben, so hatte er gewiß ein berechtigtes
Interesse daran, daß das Bild nicht ihn sondern
seinen Vorgänger zeigte. Trotzdem hat seinerzeit
, als der Vorgang in den Tagesblättern
öffentlich besprochen wurde, glaube ich, alle
Welt nicht den Nachfolger als in seinen
Rechten gekränkt angesehen, sondern nur
den allem Anscheine nach ihm zuliebe zu-
ALFRED STEVENS (geb. 1828)
DER ROMA N
rückgesetzten Amtsvorgänger, dessen Recht
am eigenen Bilde man gar so sehr respektiert
hatte.
Wenn von einem Städtebild, einem festlichen
Aufzug oder dergl. eine photographische
Aufnahme gemacht wird, so kann man beobachten
, daß so und so viele Leute darauf
aus sind, doch ja mit auf das Bild zu kommen.
Mögen das auch zum großen Teil ungebildete
Leute sein, so ist doch auch Gebildeten
Aehnliches nicht fremd. Im Rathaus einei
deutschen Stadt hängt, für jedermann zugänglich
, ein großes Bild, das eines der denkwürdigsten
Ereignisse aus der ruhmreichen
Geschichte der Stadt darstellt; den Gestalten
des figurenreichen Bildes hat der Maler die
Gesichtszüge vieler der angesehensten und
gebildetsten lebenden Männer und Frauen
der Stadt leihen dürfen und eine neben dem
Bilde stehende Tafel nennt jedem Beschauer
die Namen dieser Personen.
Bei Wohltätigkeitsbasaren ist es in der
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