Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 13. Band.1906
Seite: 346
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-^4sö> VON WIENER AUSSTELLUNGEN <Ö5^

pocht schon frühe an die Pforte der Selbstständigkeit
und hat Mitstrebende neben sich,
die, wie der dahingegangene K. Schlich, auch
bereits über den „Ersten Versuch" der Nachahmung
längst hinaus sind. Thomas „Hühner"
von 1870, eine tüchtige, durch und durch von
Courbet beeinflußte Malerei, haben ja seitdem
manches alemannische Ei gelegt und werden
noch manches legen, das — keine Sorge! -
andere begackern. Liebermanns rüben- und
kartoffelbuddelnde Bauern aber dürften für
ihn noch manchen lorbeerumgrünten Gold-

hans von m a rees (1837—1887) dekoratives gemälde
Deutsche Jahrhundert-Ausstellung Berlin 1906

klumpen herauf buddeln, so daß er — der
Schäker! — es niemals wieder nötig haben
wird, bloß mit ordinärem Gemüse vorlieb zu
nehmen, wie auf dem hier ausgestellten Selbstbildnis
von 1873. Trotzdem bezweifle ich, wie
ich ihn zu kennen glaube, daß er sich jemals,
wie Böcklin, mit dem Lorbeer porträtieren
wird.

VON WIENER AUSSTELLUNGEN

Bei dem beginnenden Wettrennen der Frühjahrs-
Ausstellungen hat das Künstlerhaus zuerst den
Start verlassen. Es ist die gewohnte Zufallsdarbietung
einer Massenschau, wie sie den alten
und durch die große Anzahl ihrer Mitglieder bedrängten
Kunstverbänden gewöhnlich entspricht.
Schwaches, Gutes, ganz Unzulängliches in bunter
Reihe. Eine Mittelkultur verlangt ihren Bedarf an
Schmuck und Schönheitssehnsucht gedeckt zu sehen,
und Durchschnittsempfinden ins malerisch Geschickte
, Witzige oder Virtuose übersetzt deckt gerade
das Niveau solcher Bedürfnisse.

Echt künstlerische Momente zeigen sich aber
erfreulicherweise, wenn auch vereinzelt.
Meister Horowitz ist mit einem charakteristischen
Männerporträt und einem
ungemein feinen und nobeln Selbstporträt
trefflich vertreten. Pochwalski ist
wieder farbiger geworden; desgleichen
erfreut ein Porträt des jungen Rumpier-
Schülers W. Krausz. Egger-Lienz
bringt eine in sehr ernstem mantegna-
artigem Stil gehaltene Kreuzigung.
Charlemont, Tina Blau, Poosch,
Zoff, Tomec zeigen Landschaften, die
viel intim gesehene Züge aufweisen.
Von Plastikern wären Myslbek und
der Brüsseler Rombeaux zu erwähnen.

Man hat diesmal im Kreise der
Künstlergenossenschaft selbst vielfach
über das Walten der Jury und ihr höchst
einseitiges Arrangement klagen gehört.
Tatsächlich wäre es sehr notwendig
gewesen, das Gute so eng als möglich
aneinanderzuschließen, eine kleine Tri-
buna zu machen, der Kunstwerte, die
über dem Alltagsgebrauch stehen. So
aber sind gerade die Besten beiseite
geschoben.

Der Hagenbund bringt eine sehr
lichte, heitere, man könnte beinahe
sagen gemütliche Ausstellung. Nichts
darin, das zu überwinden wäre, nichts,
was abstößt, aufreizt — und doch heimlich
lockt — wie große Wagnisse, große
Irrtümer suchender Geister. Aber doch
Entwicklungen, welche zu verfolgen
nicht fruchtlos sind, und die im Gegensatz
zu den leider in der gesamten
Kunstproduktion überwiegenden >Fai-
seuren« einegute Gesinnung,eineimmer
wache, sammelnde Beobachtung und
eine lobenswerte Sorgsamkeit zeigen,
inneres Schauen auszulösen.

Ferd. Ludwig Graf gehört zu
dieser Künstlergattung. Oftmals hat
seine, zu leicht jeder Anregung erliegende
Art verstimmt. Er ist auch heute
ein höchst ungleich schaffendes Talent. Aber als
hätte plötzliche Ruhe sich über ihn gesenkt, die
einer endlich gewonnenen Sicherheit entspricht, wohin
der Weg führt, den er sich gewählt, wirken
diesmal der größte Teil der ausgestellten Bilder
durch die Einheit ihres Charakters. Besonders Landschaften
. Das fein ausgeführte, horizontweite und
so zart gegliederte Badener Motiv möchten wir am
höchsten stellen; dann die >Alte Mühle bei Wolkenstein
« hervorheben und die »Allee im Doblhoff-
Park<. Ob dies gerade die besten Sachen sind,
weiß ich nicht, jedenfalls habe ich sie am stärksten
empfunden. Auch die Dolomitengruppen sind mit

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