http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_13_1906/0489
AUGUST KRAUS FRAUENBÜSTE
Ausstellung der Berliner Sezession
DIE XI. AUSSTELLUNG DER BERLINER SEZESSION
Von Hans Rosenhagen
I.
Man darf von einer modernen Kunstausstellung
ebensowenig verlangen, daß sie
lauter Meisterwerke enthalte, als man sich
von einer Ausstellung befriedigt fühlen sollte,
die nur gut ist und nichts weiter. Denn wer
geht in eine Kunstausstellung, um zu konstatieren
, daß die und die Künstler brav und
fleißig gewesen sind? Man will doch nicht
malende und modellierende Handwerker in
ihren Leistungen bewundern, man will vielmehr
etwas erleben, will Taten, Wagnisse
sehen. Darauf, daß immer das gesetzte Ziel
erreicht wurde, kommt es am Ende nicht so
sehr an. Auch das nicht geglückte Wagnis
kann interessieren, wenn es eine hohe Absicht
erkennen läßt, die im Verhältnis ist zu
des Künstlers Fähigkeiten. Sicherlich ist es
einer Arbeit von banaler Güte vorzuziehen,
die schon ihrem Wesen nach nicht eigentlich
ein Kunstwerk sein kann. Denn dieses entsteht
nun einmal aus einer Erhebung der
seelischen Schöpferkraft. Daher kann das
Korrekte eigentlich nie Kunst sein, während
diese sehr wohl aus einem äußerlich unvollkommenen
Werke in aller Göttlichkeit leuchten
kann. Das begreift nun wieder das Publikum
nicht und kann über eine Ausstellung außer
sich geraten, in der ihm mehr gut intendierte
als vollendete Schöpfungen gezeigt werden.
Und doch sind solche Ausstellungen in der
Regel die, von denen die beste Wirkung ausgeht
. Denn die Entrüstung des Publikums
bezeugt immer, daß in der Kunst etwas vorgeht
, daß neue Kräfte sich rühren oder neue
Ideen in der Luft liegen.
Der deutschen Künstlerbundausstellung im
Die Kunst für Alle XXI. 18. 15 Juni 1906.
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