Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 13. Band.1906
Seite: 533
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-*^> ANSELM FEUERBACH <^=^

ständliche Kulturmitgift sein. Diejenige, die
ihn, nie sehr wuchtig, niemals erobernd und
zeitbezwingend, immer rein für seine Person,
dafür desto ungehemmter schon Stadien künftiger
Entwicklungen innerlich hat erreichen
und sein Werk zu einer Rekognoszierung
künstlerischer Zielstationen hat werden lassen.

Er ging als einer der frühesten nach Frankreich
und lernte sehen und malen; das erste
französische Gesellenstück dieses jungen
23jährigen Deutschen ist (1852) sein Hafis
vor der Schenke. Von da ab ist er keines
Anhänger mehr geworden, als allein noch der
Schüler der aus der französischen Lehre nun
ganz intim in ihrem Wichtigsten verstandenen
alten großen Meister, um durch sie hindurch
auf eine neue vertiefte Weise bald nur sich
selber und den ganz selbständigen Einklang
seines Gewonnenen mit der originalen Natur
zu finden. In Venedig mit der „Poesie",
1856, dem Denkmal seiner Selbstvereinfachung
zum inneren Adel, beginnt die
spezifische Feuerbachsche Kunst. In ihr,
so unvollkommen die Stellung der Figur
ist, tritt nun schon mit ganzer Klarheit
das Empfindungsnoble, wie man es
mit einem Wort sagen könnte, als das
Höchstbestimmende hervor: der feine,
poetische, scheue und stolze Kulturmensch
in ihm, der fortan dieses sein
natürlichstes und eingeborenes Wesen in
alle seine Schöpfungen umsetzen wird.

Hundertmal hat man das Wort wiederholt
von derjenigen künstlerischen Richtung
, die Natur gebe, gesehen durch ein
Temperament. Hier ist Natur, gesehen
durch die Schönheit persönlicher selbstverständlicher
Bildung, seelischer Bildung
sowohl, wie umfassender, vollkommen
verarbeiteter geistiger und kunstgeschichtlicher
. Daher ließe sich auch
sagen: Natur, gesehen von innerer Er-
zogenheit und Reife für Stil. Die Fähigkeit
zur Wiederverwandlung objektiv und
aufrichtig erkundeter Natur in Werke
eines beseelenden und veredelnden Individualismus
oder Subjektivismus, das
ist es, was wir vorhin als das Deutsche
in ihm betonen wollten. Es ist also das,
womit Feuerbach, unbeschadet seiner
französischen Gewinnungen, im größeren
doch wieder an die germanische Linie
anschließt und womit er aus dem
Chaos von heute die neuen Wege weist.
Diejenigen, auf welchen die deutsche
Kunst immer erst den vollen, von inneren
Unwahrheiten freien Widerhall
der Nation um sie her erwecken und

finden kann. Daß hier nicht in stofflichem
Betracht vom deutschen Wesen gesprochen
wird, braucht wohl kaum abgewehrt zu werden
; gerade Feuerbach deutschte seine französischen
Erreichungen ein, indem er aus
Italien und aus einer in ihrer unbefangenen
Natürlichkeit menschlich, nicht archäologisch,
begriffenen Antike erzählte. Deutsch ist nicht
das Einheimische allein; sondern reichlich
ebenso deutsch ist die Fähigkeit, aus den Erscheinungen
jeder hochstehenden Zeit und
jeder wertvollen Fremde neue Güter für die
volksbesondere deutsche Kraft der geistigen
und gemütlichen Durchdringung zu gewinnen.

Indessen wir haben noch wieder davon
zu sprechen, was gerade Feuerbach berief,
ein solcher Vereiniger von phrasenloser Naturanschauung
mit seelischer Verfeinerung
und Poesie zu werden und damit die alten

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ANSELM FEUERBACH«STUDIE ZUR IPHIGENIE (1861)

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