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-=*=4sg> FRITZ VON UHDE <^=^
rige Stube dringen, und das Blondköpfchen
eines lieblichen Kindes, auf dem der ganze
Segen der Stunde gesammelt scheint, mit
einer Aureole der Liebe verklären; da hebt
das Licht die dunkle hohe Gestalt des heiligen
Gastes aus dem Dämmer der armseligen
Fischerstube hervor; dort auf dem wunderschönen
Bild der Jünger von Emmaus vergeistigt
ein milder Lichtschimmer das überirdische
, schwärmerische Haupt des Erlösers,
da, auf der Bergpredigt, webt es um die Gestalten
der Hoffenden, der Mühseligen und
Beladenen, die mit so rührendem Vertrauen
dem fremden Wundermanne lauschen, dem
Alltag entrückt. Das Licht ist im „Abendmahl
" das Mittel, mit dem der Maler die
Blicke der Beschauer auf die Gestalt lenkt,
auf die auch die Blicke der Zwölfe im Bild
gebannt sind — hier ist es ein sanftes, fast
trauriges Abendlicht. Und was für Lichtzauber
waltet erst in der heiligen Nacht! Freilich
nicht der Zauber des Sonnenglanzes, sondern
die stillen Lichter der Nacht, Mondschimmer
F. VON UHDE
DREI MODELLE (1884)
und Laternenschein und der magische, blasse
Lichtreif um das Haupt der jungen Frau, der
die Heiligkeit der Mutterschaft kündet. Uhde
braucht überhaupt keine Fülle des Lichts für
seine Zwecke, er braucht nur seine Wahrheit
. In den verschiedenen Varianten seines
„Schweren Ganges" packt er uns durch die
große Kunst, mit der er die kalte düstere
Beleuchtung des Dezemberabends geschildert
hat. Da wird das Mitleiden mit dem armen
Weibe, das durch Schnee und Sturm seiner
schweren Stunde entgegenwandert, von selber
wach. Der Schein einer Laterne ist ihm stark
genug als Quelle des Lichts, will er die heilige
Familie im Stall zu Betlehem mit überirdischem
Schein verklären, die Mutter mit dem Kinde
auf dem Stroh und den guten alten Nährvater,
welcher der Wöchnerin ihr Süpplein kocht.
Oder er läßt den matten Schein des aufgehenden
Mondes durchs Abenddunkel auf die Gestalten
derer fallen, die nach Emmaus wandeln
(Abb. S. 1), oder den Schimmer eines Kometen
auf die drei Könige aus dem Morgenlande
, die aus nächtigem Walde
-, herausreiten (Abb. J. 1898/99
S. 227). Er nimmt ein andermal
die letzte Dämmerung des Abends
als Hintergrund für die dunklen
Silhouetten der heiligen Familie
auf der Flucht, deren unendliche
Verlassenheit im einsamen Waldschatten
so doppelt wehmütig
fühlbar wird (Abb. J. 1894/95 geg.
S. 225).
Gewiß: jeder gute Maler wird
dem Licht seine Sorgfalt zuwenden
müssen und die großen
Alten waren darin noch mehr
Meister als die bedeutenden Modernen
, denen in anderem Sinne
ja auch das Lichtproblem das
erste, oft das wichtigste ist! Aber
für Uhde ist es mehr, es ist ihm
auch das erste Ausdrucksmittel
für seine Ideen, sein vornehmstes
Kennzeichen, wenn er erzählt
, seine ganze künstlerische
Sprache. Durch die Art, wie er
das Licht malerisch meistert,
macht er eben aus einer gut beleuchteten
Gestalt einen Christus,
aus einem armen Weibe, das
durch die Winternacht wankt, eine
göttliche Mutter. Mit dem Licht
drückt er Liebe und Leid, Hoffnung
und Andacht, Sieg und Verklärung
im Kampf um das Ewige
aus. Sein Aufwand an anderen
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