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-=s^> NEUE KUNSTLITERATUR - - PERSONAL-NACHRICHTEN <^=u=^
und einseitiger Beurteilung
bestimmten Standpunkt
zu verlassen und
sich mit aller Kraft in
das Kunstwerk zu vertiefen
. Er selber bekennt
sich der neuen Kunst
gegenüber — ehrlich und
wahr — als »unfähig zur
Neutralität« und bezeichnet
dies Kolleg als paradox
; mit Recht. Aber
die paradoxe Redeweise
steht den Vorträgen gut
an, die sich gegen die
karl albert von BAURf Uniformität der Kunstbeurteilung
richten.
Dr. G.
Valerian v. Loga. Goyas seltene Radierungen
und Lithographien. 44 getreue Nachbildungen
der Reichsdruckerei. Berlin 1907. G.Grote-
sche Verlagshandlung. Fol. 80 M.
Seinem klassischen Buch über Goya läßt Valerian
v. Loga jetzt ein zweites Werk über seinen Helden
folgen. Er darf auch damit auf einen großen Erfolg
rechnen. Denn Goya steht augenblicklich wie kein
anderer Künstler der Vergangenheit in höchster
Schätzung. Der neuen Bewertung des Spaniers hat
Logas erstes Buch als Wegweiser gedient, es wurde
in intuitiver Voraussicht der kommenden Meinung
geschrieben. Galt es im wesentlichsten Hauptteil
dem Maler Goya, so werden wir durch das neue
Buch mit den seltensten Arbeiten aus dem graphischen
Werk Goyas bekannt gemacht. Es sind Radierungen
und Lithographien, die nur in wenigen
Exemplaren, oft nur in einem einzigen erhalten sind.
Loga kannte die Verstecke dieser Seltenheiten. So
weit sie aus dem Besitz noch zu lösen waren, sind
sie auf seine Anregung vom Berliner Kupfer-
stichkabinet erworben worden, von den anderen konnte
er durch seine Beziehungen gute Photographien beschaffen
. Nur durch das Zusammenwirken von drei
Persönlichkeiten mit seltenen Eigenschaften konnte
das Werk, so wie es nun vorliegt, geschaffen werden:
einen Herausgeber mit der genauesten Kenntnis der
Graphik Goyas, einen opferwilligen Verleger wie
Dr. Gustav Müller-Grote, der auch diesem Werk
die überlegte schöne Ausstattung gab, die alle Veröffentlichungen
des Groteschen Verlags auszeichnen
und einen unerreichten Meister der Reproduktionstechnik
wie Geheimrat Roese von der Reichsdruckerei.
Es handelt sich, wie gesagt, um Seltenheiten und
Unika, ihre Nachbildungen, die Geheimrat Roese
geschaffen hat, lassen die Originale im vollen Werte
wiedererstehen. Für die Sammler von Goyas Aetz-
kunst, die diese Originale nie erwerben können, muß
es darum von Wichtigkeit sein, so meisterliche Nachbildungen
zu besitzen. j. s.
PERSONAL-UND
ATELIER-NACHRICHTEN
MÜNCHEN. Karl Albert v. Baur f. Am
22.August erlag in Unterammergau, wo er zur
Sommerfrische weilte, der Münchener Landschaftsmaler
Professor Karl Albert von Baur unerwartet einer
Lungenlähmung. Mit ihm verliert die Münchener
Künstlerschaft nicht nur einen feinsinnigen Maler
von gediegenem Können, sondern auch einen Mann,
der sich seit zwei Dezennien in opfermutigster Weise
den Interessen seiner Berufsgenossen gewidmet hat.
Wurde er als Künstler auch dem breiteren Publikum
weniger bekannt, so lag das nur an der diskreten,
auf Innerlichkeit gerichteten und jeder lauten Wirkung
abholden Art seiner Kunst. Er war ein Meister
der landschaftlichen Form und hat vielleicht in seinen
prachtvollen Zeichnungen das höchste gegeben, was
sein Talent zu bieten hatte. Und hier standen nicht
viele ebenbürtig neben Baur. Die große Linie einer
Landschaft, die reizvollen Ueberschneidungen des
Mittelgrundes und das Beiwerk von Vegetation und
Gestein, alles dies zeichnete er mit hingebender Liebe
und seltener Innigkeit der Auffassung und wenn er
malte, war seine Farbe schlicht und wahr. Er liebte
die Natur in ihrer Ruhe mehr als in ihren Glanzeffekten
und war darin ein Erbe jener großen Münchener
Landschaftsgeneration um Eduard Schleich,
die heute immer mehr gewürdigt wird. Baur, der
das Gymnasium absolviert und die Universität besucht
hatte, ehe er von den Landschaftern J.N.Ott
und Ludwig Willroider der Kunst zugeführt wurde,
hat seit dem Jahre 1886 fast ununterbrochen als
Schriftführer der Münchener Künstlerschaft, in Ausstellungsdirektorien
und als Vorstandsmitglied gemeinnütziger
Künstlerunternehmungen eine außerordentlich
fruchtbare, umfangreiche Tätigkeit entfaltet
und war auch drei Jahre lang erster Präsident der
Münchener Künstlergenossenschaft, ein Amt, wozu
ihn seine gründliche Bildung und sein konziliantes
Wesen besonders geeignet erscheinen ließ. Karl
Albert v. Baur wurde 1851 zu München geboren.
E>ERLIN. Professor L. Tuaillon hat den Auftrag
zur Ausführung eines Reiterstandbildes Friedrichs
des Großen für die Stadt Beuthen erhalten.
OERLIN. Die Gemälde Angelo Jank's für den
Plenarsaal des Deutschen Reichstagsgebäudes, die
dem Künstler wie bekannt auf Grund eines Wettbewerbes
in Auftrag gegeben wurden, gehen der
Vollendung entgegen. Es sind drei Bilder, die die
Hauptwand des Saales einnehmen werden. Das
Mittelbild, das über 9 m Breite bei 5 Tarn Höhe
mißt, stellt die Huldigung der Truppen vor Kaiser
Wilhelm I. am Abend der Schlacht von Sedan dar.
Die beiden Seitenbilder sind in den Formaten etwas
kleiner (ca. 4 m breit bei ö1/? m Höhe) und haben
wie das Mittelbild Hauptmomente aus der deutschen
Geschichte zum Gegenstand; links: Arabische Gesandte
bitten auf dem Reichstag zu Paderborn 777
Karl den Großen um Hilfe gegen den Khalifen
Abdur Rahman von Cordova; rechts: die Vertreter
der lombardischen Städte unterwerfen sich Friedrich
Barbarossa 1158. — Die Wandgemälde müssen bis
1. Oktober 1908 fertiggestellt werden.
1DARIS. Auguste Rodin plant wieder ein Werk
* von ganz besonders großen Dimensionen, einen
>Turm der Arbeit«. Das Riesenwerk soll die menschliche
Arbeit verherrlichen. Ueber die Anlage des
Werks und dessen Ausführung verlautet noch nichts
Bestimmtes; hoffentlich bleibt es nicht auch in diesem
Falle, wie bei einigen andern derartigen großen Entwürfen
des Künstlers, beim Plane.
ESTORBEN: Am 9. August in Homburg a. Taunus
der Bildhauer Julius G. Jordan, früher in
München tätig; besondere Beachtung verdienten eine
Anzahl trefflicher, von ihm geschaffener Porträtbüsten
, wie die Pettenkofers und des bekannten
Münchener Tiermalers Professor H. Zügel; am
25. August in München der Bildhauer und Illustra-
teur Joseph Engl, 40 Jahre alt, bekannt als Mitarbeiter
des Simplicissimus.
Redaktionsschluß: 27. August 1907 Ausgabe: 12. September 1907
Für die Redaktion verantwortlich: F. Schwartz
Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G. — Druck von Alphons Bruckmann. — Sämtlich in München
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