Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 32
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0056
-*ö=4^> JOHN SINGER SARGENT <^=^

des augenblicklichen Geschmacks nicht unterwerfen
, sondern in den Formen alter Zeiten
selbständig neues schaffen. Um aber allen
Zeiten anzugehören, muß der Künstler erst
in seiner eigenen zu Hause sein, und wenn
er den für immer gültigen Typus finden will,
so muß er ihn in seiner eigenen Umgebung
suchen." In Sargents Porträts zeitgenössischer
Schönheiten wird die Nachwelt nicht nur für
alleZeiten Kunstwerke erblicken, sondern diese
Werke werden glaubwürdig unsere Zeit widerspiegeln
, und so dieTraditionen Gainsboroughs,
Watteaus und aller alten Meister, die das Ewig-
Weibliche in ihrer eigenen Umgebung fanden,
fortpflanzen.

Mit Muthers Meinung, daß Sargent eine
psychologische Charakter-Analysis fremd sei,

john s. sargent herzogin von portland

wird man nicht ohne weiteres einverstanden
sein können; Sargent hat gewiß bei vielen
seiner Porträts wenig Wert auf die Darstellung
des Charakters gelegt, aber es gibt mindestens
ebensoviele, bei denen er durchaus nicht an
der Oberfläche haften blieb und vielleicht zu
sehr auf die Charakterisierung der dargestellten
Persönlichkeit einging. Wer könnte, um ein
beliebiges Beispiel anzuführen, dem Bildnis
des Mr. Wertheimer tiefere Auffassung absprechen
? Und dasselbe gilt für sein Porträt
von Coventry Patmore (Abb. S. 30), welches
neben Meisterwerken von Watts und Millais
einen Platz in der „National Portrait Gallery"
in London einnimmt. Man möchte eher sagen,
nicht daß die Charakter-Analysis dem Temperament
Sargents fremd sei, sondern daß er
sie nicht bei jeder Gelegenheit zum Gegenstand
seiner Darstellung macht.

Man hat ihm auch den Vorwurf eines
Karikaturisten gemacht: aber der Karikaturist
nimmt einzelne Züge heraus und verzerrt sie
ins Lächerliche. Dies ist jedoch der Natur
Sargents fremd, und der Vorwurf kann nur
auf Mißdeutung seiner Gewohnheit, das Essentielle
zu betonen, beruhen.

Genrebilder hat Sargent im Vergleich zu
der Anzahl der von ihm gemalten Porträts
nur sehr wenige gemalt. Als erste derartige
Schöpfung fiel 1878 sein „Fischerweib mit
Kindern an der Meeresküste" auf; 1882 erregte
sein „El Jaleo" (Abb. S. 25) großes
Aufsehen, und sein „Carnation, Lily, Lily,
Rose" (Abb. Jahrg. 1905/06, S. 245), welches
die Royal Academy aus dem „Chantrey"-Ver-
mächtnis kaufte, ist wohl eines der bemerkenswertesten
Gemälde der Gegenwart, es ist ganz
besonders von wunderbarem Farbenrhythmus,
dessen Reichtum und Harmonie freilich die
Reproduktion nicht offenbaren kann.

Die letzten Jahre brachten noch einen ganz
wesentlichen Fortschritt in Sargents Entwicklung
. Die Serie von Bildern, die er auf der
diesjährigen Internationalen Ausstellung in
Venedig zeigte (s. Titelbild, Abb. S. 26, Abb.
geg. S. 32, Abb. S. 33, 37, 39), bildeten geradezu
den Glanzpunkt dieser an und für sich
schon höchst bemerkenswerten Veranstaltung.
Meisterstücke von gleich künstlerischer Höhe
sind die Bildnisse der Mrs. Wertheimer (Abb.
S. 45), und der „Herzogin von Sutherland",
die vor einigen Jahren auf der Royal Academy-
Ausstellung die allgemeine Bewunderung auf
sich zogen.

Nur selten hat sich Sargent über zeitgenössische
Kunst ausgesprochen; ein Satz jedoch
aus dem Vorwort zu dem Katalog einer
Ausstellung von Aquarellen H. B. Brabazons

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