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VOM SCHWEIZER KUNSTLEBEN
wonnen, als deren schönstes Beispiel die Basler
öffentliche Kunstsammlung eine flotte, dekorativ gemalte
, direkt zu den besten Werken neuerer deutscher
Kunst gehörende Landschaft >Der ChinesischeTurm
in München« besitzt. Im Jahre 1876 wurde Schider
nach Basel berufen und hat da als Lehrer der Kunstklassen
an der »Zeichnungs- und Modellierschule«, bei
deren Umwandlung in die »Allgemeine Gewerbeschule
« an dieser gewirkt. Neben der ersprießlichen
Lehrtätigkeit, die ihm, wie oben angedeutet, alle
jüngeren Basler Künstler zu Freunden machte, betrieb
er weiter die »freie Kunst« und schuf bis zu
seinem Ende Porträts, Stilleben und Landschaften,
vieles davon in Aquarell, für das er ganz besondere
Begabung und hohen Geschmack besaß. Mit Vorliebe
zeichnete und malte er auch Anatomisches.
Die Hauptfrucht vieljähriger Studien in diesem Fache
war ein anatomischer
Atlas für Künstler, ein
Werk, das ihn weithin
bekannt machte und für
das er 1896 von der
Basler medizinischen
Fakultät zum Ehrendoktor
ernannt wurde.
Er starb, mitten aus
reicher Tätigkeit heraus
, am 15. März 1907.
Die Ausstellung seiner
Werke erwies nochmals
, daß er ein ganzer
Künstler gewesen ist,
der seinen eigenen Weg
gefunden hatte. Gerade
darum wohl konnte er
lange Jahre hindurch in
treuer Freundschaft mit
Wilhelm Leibi verbunden
sein, mit dem ihn
dann auch — er nahm
eine Nichte Leibis zur
Gattin — verwandtschaftliche
Beziehungen
verknüpften. Maler
Emil Beurmannhatdem
verehrten Lehrer und
Freund Schider im Jahresberichte
des »Basler
Kunstvereins« einen
freundlichen Nachruf
gewidmet. — Gleichzeitig
mit der Schider-
Ausstellung hatte der
Basler Hans Len-
dorff separat ausgestellt
. Lendorff malt mit
feinem, diskreten Formen
- und Farbempfinden
, weich, doch ohne
süßlich zu werden, Mädchen
und Hirten aus
Anticoli; auch gute
Landschaften hatte er
zu zeigen: kräftige, geschmackvoll
dekorative
Ausschnitte aus der Villa
d'Este und ein großes
sonniges Stück Südfrankreichs
»Les Pins de
St. Gildas«. In einigen
Porträts zeichnete er
sich als vornehm und
innerlich tief auffas-
john s. sargent
sender Bildnismaler aus. — W. Degoumois hatte
ein elementar bewegtes Meer, Emil Schill frische,
lichtvolle Jurastudien, Ernst Breitenstein ein
gut gesehenes Kinder-Gruppenbild, F. Mock saftige
Landschaftaquarelle, Alfred Chatelain farbenstarke
Oel-Landschaften ausgestellt. Sodann
lernte man in Frau Weilemann-Girsberger eine
schweizerische Porträtistin von einer gewissen Herbheit
des Empfindens, aber von großer Beherrschung
des Tones und der Farben kennen, jedenfalls eine
charaktervolle Künstlerpersönlichkeit. — Die vorletzte
Ausstellung brachte dreierlei: eine Verkaufskollektion
des »Aussteller-Vereins Münchener Künstler
«: Durchschnittsgut, schlecht und recht; es ragten
daraus etwa die großen Stücke von Alexander von
Wagner, Interieurs von Kurt Rüger und Porträts
von Simon Glücklich, sowie Landschaften von
OttoGampert,Ernst
Liebermann, Karl
Reiser und Otto Sin-
ding hervor. — Das
zweite waren Genrebilder
, Landschaften und
Porträts von der in
Paris arbeitenden Ber-
nerin Berta Züricher
: sie gab zum Teil
frisch und keck Impressionistisches
, zum
Teil feintonig Weiches;
jedenfalls ist sie ein Talent
, auf das man aufmerksam
bleiben darf;
ihren ganz eigenen Weg
wird die Künstlerin
noch finden müssen:
er dürfte eher ins stark
Impressionistische als
ins durchschnittsmäßig
Schicke gehen. — Drittens
gab's Tierbilder
von Eugen Oswald:
prächtig lebendige, in
den Formen und Farben
flott gefaßte Jagdszenen
, sodann sichere
Tier - Einzeldarstellungen
(Pferde, Hunde,
Füchse, Esel) und sonnige
, durch Tiere belebte
Landschaftsstücke.
Eugen Oswald ist Zügel
-Schüler; er macht
dem Meister alle Ehre,
und man wird auch ihn
gerne im Auge behalten
. — Die allerletzte
Ausstellung bot ältere
Bilder von Hans Tho-
ma, darunter Meisterwerke
wie »In der Hängematte
«, »Der Schutzengel
« und »Kain und
Abel<. — In der Pauluskirche
waren Mosaikentwürfe
von Heinrich
Altherr ausgestellt:
zwei an der Kanzelwand
sich entgegenschreitende
Züge »Kreuztra-
gung« und »Siehe, alle
Welt läuft ihm nach«.
Es sind großgeschaute,
wandgemälde in der
bostoner bibliothek
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