http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0084
wams im Karneval — aber wie viel Schönes
wurde aus diesem Irrtum dennoch geboren!
Er brachte vor allem das Volk wieder in wirkliche
Berührung mit der Kunst! In ungezählten
Münchner Bürgerhäusern kann einer
heute noch die Spuren davon mit Behagen
verfolgen, die Ausstattung von Wirtschaften
und Läden, von Waren aller Art, gibt Zeugnis
davon und als in der letzten Zeit wirklich
ein Zeitstil zu werden begann, ein Stil,
der freilich mit jenen Errungenschaften aufzuräumen
sich bemüht, da fand er gerade in
München, dem romantischen und retrospektiven
, wohlvorbereiteten Boden und wohlgeschulte
Hände. Und das war unendlich viel!
Man möchte sagen, daß in den Bildern von
Wilhelm Diez die Quintessenz jener eigenartigen
Epoche der Münchner Kunst erhalten
ist, das Beste und Charakteristischste, was
sie gab. Und das Dauerhafteste, was sie zu
geben hatte. In ihm wurde die Romantik nicht
süßlich und konventionell. Er war von den
wenigen einer, die auch an der Stupidität
eines gewissen Kunsthandels nicht zu viel
Schaden litten, jenes Kunsthandels, der das
einmal Erfolgreiche immer wieder in neuen
Abklatschen verlangt und den „gangbaren"
Künstler nach Möglichkeit hindert, sich je
nach einer neuen Richtung zu entfalten. Auch
bei ihm haben die Bilderhändler mit ihren
Wünschen antichambriert, um ja stets die beliebten
Strauchdiebe und Landsknechte, Marketenderinnen
usw. zu bekommen, welche die
Zahlungsfähigen haben wollten. Aber ohne
ein Stücklein Liebe hat Diez doch keines dieser
Bilder und Bildchen hinausgegeben. Formate
und technische Virtuosenstückchen wiederholten
sich wohl, aber es drängte ihn doch
immer wieder auf neue Wege. Aus den allerletzten
Lebensjahren des Künstlers stammt z. B.
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