Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 66
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^=4^> ERINNERUNGEN AN DEN MÜNCHENER ALLOTRIA-KREIS <^=^

Aber manches Mal kam es vor, daß die
Tänzerinnen aufhörten, zum Klavier stürzten
und schimpften: „Ja, was war denn dös, der
Fischer-Franzi kann ja nit a Mal ein Frangßä
spüelen." Und sie ließen nicht eher nach,
als bis er die ganze Tour von neuem anfing
und sie zu ihrer Zufriedenheit runterhämmerte.

Schwabenmaier war nicht fürs Tanzen, seine
Liebhabereien waren auf anderem Gebiete.
Er wurde viel von den Kellnerinnen umschwärmt
, und manche wollte wohl auch die
Rolle von Potiphars Weib bei ihm übernehmen
. Zur Erklärung dieser Bevorzugung
pflegte er des öfteren zu erzählen, daß er
jeder eingestände, unter dem Siegel tiefster
Verschwiegenheit, daß die Glut seiner Liebe
schon am Verlöschen wäre und da lachte er
mit seinen Grübchen in den runden Backen:
„Jede will nun den Ehrgeiz habe, den Funke
wieder zur Flamme zu errege."

Mit Vorliebe wurden Geburtstage hervorragender
Mitglieder gefeiert. Oberländers fünfzigster
gab Anlaß dazu und Nachbaurs siebzigster
. Das Nachbaur- oder Nazi-Fest entbehrte
nicht eines Humors, der den Gefeierten
eigentlich stark verulkte. „Diese Mannderl
auf der Bühne", fing Lenbach seine Festrede
an. Seine Liebhaberei für Diamanten an den
Fingern und sonst überall diente ebenso zu

starken Veralberungen wie seine ewige Sucht,
den Postillon von Lonjumeau singen zu wollen.
Es wurde ein Nazi-onal-Denkmal enthüllt;
auf dem Sockel stand der langbärtige Harburger
als Doppelgänger des Sängers im Postil-
lonkostüm und sang die Arie. Daran schloß
sich eine Revue, in der seine andern berühmten
Gestalten vorbeizogen: Masaniello,
der Troubadour, Walter Stolzing, George Brown,
Tannhäuser usw. und alle sangen:

:>Ohol oho! so schön, so froh, oh!
Du Postillon von Longjumeau; etc.

Der gute Nachbaur, dem kein Argwohn
seine kindliche Seele belastete, saß da, große
Tränen der Rührung rollten über sein noch
immer schönes Tenorgesicht.

Eine andere Kategorie Feste wurden arrangiert
, sobald befreundete — hauptsächlich
mit Lenbach befreundete — Fremde den Besuch
der Allotria versprachen.

So erschien Herbert von Bismarck. Lenbach
zog mit ihm von Tisch zu Tisch und hinter
ihm folgte ein passives Mitglied, das zur
Sicherheit einen Stuhl mit sich schleppte,
mit dem Gedanken: „Wo Ihr sitzet, da sitze
ich auch." Nachbaur sang natürlich den Postillon
, Gura die Balladen von Loewe und
zu jedem sagte seine Exzellenz dankend: „Sie
haben mir einen jroßen Genuß bereitet."

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