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F. GOYA
SELBSTBILDNIS
FRANCISCO DE GOYA
Von Max von Boehn
Wie traurig es um den Kunstgeschmack
in Spanien zu Ende des vorigen und
zu Anfang des jetzigen Jahrhunderts ausgesehen
, davon gibt Francesco Goya, 1746
bis 1828, einen sprechenden Beweis, da er
in Madrid der gefeiertste Künstler war, der
aber selbst heilige Gegenstände mit Lüsternheit
behandelte und in eine fade, verblasene
Manier verfiel." So urteilte vor 50 Jahren
Passavant, einer der Begründer der wissenschaftlichen
Kunstgeschichte, als er seine
Erinnerungen an Spanien in einem im übrigen
guten und noch heute brauchbaren Büchlein
zusammenfaßte. Es war die Zeit, die in
Carstens den Erneuerer, in Cornelius und
Kaulbach die Vollender der deutschen Kunst
sah, die Zeit, die Richard Wagner verhöhnte
und Meyerbeer zujubelte. Und ein halbes
Jahrhundert später, da hat ein anderes Geschlecht
die Götzen der Väter verbrannt und
huldigt neuen Göttern. Die Kunst soll nicht
mehr Geschichte vortragen, Anekdoten erzählen
oder Witze machen, man verlangt Licht,
Luft, Leben von ihr, vom Künstler verlangt
man nicht mehr Wissen und Bildung, sondern
daß er etwas Eigenes zu sagen habe,
denn das Geschlecht, dem die Knechtschaft
der allgemeinen Wehrpflicht die Entfaltung
des eigenen Ichs verkümmert, hungert und
dürstet nach der Persönlichkeit. Und als
ein großer Franzose den Lebenden zum ersten
Male in seinen Bildern die Wahrheit verkündet
, da entdeckt man mit Staunen, daß das Verblüffende
, Ueberraschende, Neue dieser Kunst
schon von Alters her etwas Altes gewesen,
daß Manets Olympia nur die hektische Tochter
von Goyas Maja sei; da treten längst Verstorbene
als Modernste neben die Lebenden
und mit Stolz findet die Mode des Tages ihr
Bild in den Schöpfungen eines Franz Hals,
eines Velasquez, eines Goya. Ist es nicht
wirklich nur eine Mode, nur eine Laune des
Geschmacks, die für den Impressionismus
nach Ahnen sucht, um ihn, wenn sie seiner
Die Kunst für Alle XXIII. 6. 15. Dezember 1907.
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