http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0162
-s-^> FRANCISCO DE GOYA ~(^^
seinem Gefühl im Boden der Heimat, das
gibt nicht nur dem Stoffgebiet, das er beherrscht
, sondern auch den Ausdrucksmitteln
seiner Kunst etwas Bodenständiges und Wurzelechtes
. Während Mengs in mythologischen
Unmöglichkeiten schwelgt, malt Goya Bauern
und Bäuerinnen auf dem Jahrmarkt; als David
die Römergeschichte in Quadratkilometern
bemalter Leinewand deklamiert, da erzählt
Goya schlicht und sachlich die heroischen
Taten seiner Landsleute, seiner Nachbarn und
Freunde.
Goya steht immer in der Wirklichkeit und
sucht immer, wahr zu sein, seine Kunst ist
ein Ringen mit dem Leben, das er sieht und
das er schildern will, ein Kampf mit der
Natur, die er packen möchte. Bewegung ist
ihm die stärkste Betonung des Lebens, der
höchste Ausdruck der Schönheit; der bewegten
Erscheinung, dem bewegten Licht ist
er nachgegangen, solange seine Hand Pinsel
und Stift zu führen vermochte. So ragt die
künstlerische Arbeit seines Lebens ganz unmittelbar
in das Streben von heute, den Sohn
des achtzehnten Jahrhunderts verbindet eine
Sehnsucht, ein Wunsch mit dem Künstler
des zwanzigsten. Das gibt dem Werk Goyas
einen so merkwürdig modernen Zug, einen
Charakter, der geradezu wie ein Phänomen
wirkt, betrachtet man dies Werk auf dem
Grunde der Kunst seiner Zeit. Gegenüber
den ausgerechneten Effekten, dem Studierten
und Gewollten der Mengs und Konsorten,
wie ursprünglich, wie spontan, wie unbekümmert
um den Effekt ist da nicht Goya,
und gegen das dramatisch gespannte, immer
wie gefroren erscheinende Wesen Davids,
wie unendlich natürlich, einfach, selbstverständlich
erscheint er da nicht?
Der Kunst von Goyas Zeitgenossen haftet
das Studierte an, welches immer die Absicht
merken läßt, sie komponieren und arrangieren,
sie brauchen große Vorwürfe und gigantische
Formate, um zu zeigen, was sie können,
Goya dagegen genügt eine Farbenstimmung,
ein Lichteffekt, das erste beste Bewegungsmotiv
, um seine schöpferische Tätigkeit auf
das Intensivste anzuregen, und den Eindruck,
den er gewonnen, weiß er mit unerhörter
Stärke und Kraft auch im kleinsten Raum
F. GOYA
STIERKAMPF (LITHOGRAPHIE)
124
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0162