Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 125
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-=^4sg> FRANCISCO DE GOYA <^M?-

TÄNZERIN (LITHOGRAPHIE)

kunft wies. Seine Zeichnung, seine Farbe,
seine Vorwürfe, alles, an was er die Hand
gelegt hat, ist ein flammender Protest gegen
seine Zeit. Er ist ein Realist ohne Erbarmen
und ohne Gnade, der mit rücksichtslosem
Fanatismus zur Wirklichkeit schwört; die unbarmherzige
Wahrheit seiner Bilder schilt
die Kompromißkunst der Akademiker eine
feige Lüge; die Kraft und Wucht seiner Töne
weist in der Farbe der andern wie mit dem
Finger auf die Schablone der Konvention.
Mit beiden Füßen steht er inmitten seiner
Zeit, der allein er seinen Pinsel und seinen
Stift geliehen, seiner Mitmenschen, die er
liebkost und geißelt, die er lächerlich macht
oder verherrlicht und die er doch so hoch
überragt, daß sein Hohn nichts Gehässiges,
sein Lob nichts Eigennütziges mehr hat, ihm
gelten ja nicht die Hinz und Kunz, sondern
die ganze Menschheit. Indem er, ungleich
den Künstlern jener Jahrzehnte, die jenseits
der Wirklichkeit, abseits der Gegenwart die
Schönheit suchten, dieselbe nur in seiner Zeit
fand und nur sie allein schilderte, hat er ihr
durch den Stempel seines Genius im Reich
der Kunst den Ewigkeitstitel verliehen.

F. GOYA

festzuhalten. Ob er in Oel malt, zeichnet
oder radiert, immer ist er nur vor der Natur
selbst tätig und bestrebt, sie so einfach und
so unmittelbar, wie möglich, zu interpretieren.
Die Leidenschaft, mit der er die schwierigsten
Probleme anpackt, die ruhelose Hast,
welche alle die Schönheiten des ewig wechselnden
, in stetem Fluß befindlichen Lichtes
bannen möchte, welche die Gesetze der Bewegung
zu ergründen sucht, um sie im Unbewegten
zu fixieren, dieser faustische Drang,
die Geheimnisse des Lebens in ihrer Erscheinung
zu erfassen und zu verstehen, verleihen
dem Werk Goyas eine so starke individuelle
Note, eine so zwingende Kraft, daß, wer einmal
in den Bann dieser Persönlichkeit geraten
ist, nicht mehr von ihr loskommt, man
hört aus jedem Bild, aus jedem Blatt das
Bekenntnis eines gewaltigen, nach Wahrheit
und Erkenntnis ringenden Geistes.

Goya ist der Prophet, der in einer Zeit
des Manierismus der Kunst einen Weg der
Rettung bahnte, einen Weg, der sie von dem
blutleeren, versteinernden Klassizismus in das
Neuland des Lebens und der Wirklichkeit
führte, der sie aus der Gegenwart in die Zu-

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