http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0166
^=4sö> FRANCISCO DE GOYA
zielt gelegentlich bei ausschließlichem Gebrauch
von Beinschwarz den stärksten geradezu
farbigen Eindruck, wofür die sogen.
Sitzung des Philippinen-Komitee des Berliner
Kaiser Friedrich-Museums wohl das sprechendste
Beispiel sein dürfte.
Goya ist überaus ungleich, in seinem oeuvre
stehen unvermittelt Meisterwerke neben der
banalsten Croüte und zumal in seinen Porträts
stellt er neben wahre Wunder einer psychologisch
tief schürfenden Bildniskunst, neben
die köstlichsten Farbengedichte die gleichgültigsten
, geradezu abstoßenden Bilder. Ungewöhnlich
empfänglich für den Charme des
Weibes, weiß er der Frau auch dann noch
Reiz und Anmut zu lassen, wenn sie so abstoßende
Züge trägt, wie die Königin Maria
Luisa (Abb. S. 127) oder so hysterisch und
kränklich aussieht, wie die Herzogin von Alba,
ja, er ist nicht müde geworden, gerade diese
f. goya
Damen immer wieder und wieder zu malen,
das Porträt der Königin in gelbem Kleide in
Capodimonte, die Herzogin von Alba ganz
in Schwarz oder ganz in Weiß zeigen Goya
auf der Höhe seines Könnens.
Meisterwerke aber schafft er, wenn seine
Kunst nicht im Dienste hochgeborner Dekadenz
, sondern in dem der Schönheit allein
steht, die beiden Bilder der kleinen Freundin
Godoys sind unter seinen Händen zu
wahren Jubelhymnen auf die Herrlichkeit des
weiblichen Körpers geworden; wie er die zierliche
Gestalt schalkhaft und schämig auf die
weißen Kissen lagert, wie er ihr dann die
letzten Hüllen abstreift und sie ganz nackt,
sehnsüchtiges Verlangen im Blick dem Auge
preisgibt, für diese Wonnen und Seligkeiten,
die der Pinsel des Malers hier in einem wahrhaft
dionysischen Taumel hinschrieb, hat in
Worten, Tönen oder Farben kein anderer den
gleichen hinreißenden Ausdruck
gefunden, wie er(Abb.
S. 134).
Goya war ein Psychologe
von unerbittlicher Strenge
und einer Kühnheit, die
viele seiner Porträts geradezu
wie ein Pasquill erscheinen
läßt. Er zeigt uns den
Friedensfürsten in militärischem
Pomp und mit Orden
behangen, aber er verhehlt
uns keinen Augenblick die
völlige Nichtigkeit dieses
Menschen, den ganz andere
Eigenschaften, als die des
Kopfes zum Günstling einer
sinnlichen Königin und ihres
trottelhaften Mannes machten
. Er führt uns in dem
Gesandten Guillemardet
(Abb. S. 137) einen gutmütigen
unbedeutenden Menschen
vor, der sich gern die
Airs seiner Würde geben
möchte und dabei herumräkelt
, wie ein müßiger
Kommis hinter dem Ladentisch
,aber indem menschenfeindlichen
Seelenkenner
wohnt auch ein großer Maler
und dessen Leidenschaft für
ein schwieriges Problem
gestaltet die disparaten Töne
der französischen Trikolore
zu einem herrlichen Akkord
jubelnder Farbenfreude. Sei-
bildnis von Francisco bayeu nen Schwager Bayeu (Abb.
128
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