http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0202
EDMUND HELLMER
PORTRÄTBÜSTE
DER KONSERVATOR
Skizzen aus der Museumshierarchie
Von Fritz Günther
Der Konservator hat sich an jedem zweiten
Tage - - abwechselnd mit seinem Kollegen
- - um 11 Uhr vormittags in der Galerie
mit den Schlüsseln einzufinden und die Saaltüren
zu öffnen. Er hat hierauf nachzusehen,
ob die Fenstervorhänge und Parkettböden in
Ordnung sind, die Heizung gehörig funktioniert
, der Staub von den Gemälden entfernt
ist und diese richtig an ihrem Platze
hängen. Findet er an einem Schaden, so
hat er den Restaurator darauf aufmerksam
zu machen. Zwei Stunden später hat er einen
neuerlichen Rundgang zu machen, die Aufseher
zu kontrollieren und beim Abgange für
sorgfältigen Verschluß der Türen zu sorgen."
Also lautete die Instruktion, die meinem
Großoheim mütterlicherseits, dem Historienmaler
M. R., bei seiner Anstellung als Konservator
der fürstlichen Gemäldegalerie zu X
feierlich vorgelesen wurde, und die er darauf
ebenso feierlich zu unterzeichnen hatte.
Aber strebsame Konservatoren begnügten
sich in der guten alten Zeit mit diesen
schweren Aufgaben nicht: sie erteilten überdies
noch den Kopisten Ratschläge und gaben
in besonderen Stunden Unterricht im Zeichnen
und Malen. Die tüchtigsten aber ließen es
sich angelegen sein, die alten Bilder nicht nur
zu konservieren, sondern auch ihre Schäden
zu verbessern und dem geringen Können der
Alten durch ihren geläuterten Geschmack
aufzuhelfen. Sie betätigten ihr Interesse
an den Primitiven gerne dadurch praktisch,
daß sie sie verschönerten, den Goldgrund in
eine sonnige Landschaft, den peinlich ge-
düftelten Rasen in einen kunstvollen Plattenbelag
verwandelten, zu lang geratene Arme
verkürzten, zu kurz geratene Beine anlängten.
Man ließ sie ruhig gewähren, da sich niemand
um die sonderbaren „Heiligen mit den verrenkten
Gliedmaßen" kümmerte, und erst
blasierte Feinschmecker vom Schlage eines
Bayersdorfer, Lanckoronski, Liphardt etc. diese
verschimmelte Kunst wieder ans Licht zogen.
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