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^4=^> NEUE KUNSTLITERATUR
PERSONAL-NACHRICHTEN
daß er gerade in einigen Schöpfungen dieser letzteren
Art am meisten »Klassiker* geblieben sei. Da er
aber daneben mit unübertrefflicher Meisterschaft
die zarten Beziehungen zwischen Mutter und Kind
zu schildern nie müde geworden ist, und als erster
die Gestalten der Tierwelt - in seinem Insektenbuch
von 1788, in seinen Vögeln »den hundert
Schreiern< — mit unnachahmlicher Sorgfalt festgehalten
hat, so würde man, wie Kurth sagt, seiner
Bedeutung nicht gerecht werden, wenn man ihn
nur nach seinen Frauendarstellungen beurteilen wollte.
Einige von diesen, wie die Halbfiguren mit Silbergrund
, gehören freilich zu den schönsten Erscheinungen
des japanischen Holzschnittes, viele dagegen
erscheinen durch ihre übertrieben langen Körperverhältnisse
, wenn sich auch die ihm gewöhnlich
angedichteten zwölf Kopflängen nicht gerade bewahrheiten
, da er selten bis zu acht geht, als Ausflüsse
des unbändigsten Manierismus.
Eingehende Betrachtung der Werke setzte den
Verfasser in den Stand, viele neue interessante Einzelheiten
zum Leben des Künstlers beizutragen und
seinen Blättern ihre genaue Stelle innerhalb des
Lebenswerkes des Künstlers anzuweisen. Der ausführliche
Katalog, der 530 Nummern (gegenüber
Goncourts 285) aufweist, wird auch gute Dienste
leisten können, wenngleich er noch weit von der erforderlichen
Vollständigkeit entfernt ist, da die Kenntnis
blos der Berliner Sammlungen nicht ausreicht,
um eine solche Aufgabe in erschöpfender Weise zu
lösen. W.v. Seidlitz
A. Lichtwark, Vom Arbeitsfeld des Dilettantismus
. II. Auflage. M. 1.20.
A. Lichtwark, B1 u m e n kul tu s. Wilde Blumen
. IL Auflage. M. 1.20. Verlag Bruno Cassirer,
Berlin 1907.
Lichtwark wird in manchen Kunstkreisen mit etwas
ironisierendem Tonfall »praeceptor Germaniae« genannt
. Ich möchte, wir hätten mehr als einen solchen
Belehrer Deutschlands, der wirklich neben Lichtwark
genannt werden könnte. Das Wie und das Was seiner
Gaben ist ausgezeichnet. Er gibt uns nicht abgeschnittene
Blumen, die noch so schön und edel,
doch bald verwelken müßten — was er gibt, sind
Blumen und Sträucher mit Wurzeln und gutem Erdreich
, die bei bedachtsamer Pflege uns dauernde und
wachsende Freude bereiten könnten. Und das
ist auch ein besonderer Vorzug der Lichtwarkschen
Art und Gabe. Er ist ein sehr kluger Importeur
und nicht einer von den allzuvielen banausischen
Kunstpäpsten in Deutschlands Kleinstaaten, die die
Worte Bodenständigkeit und Tradition in jedem Lehrsatze
unterzubringen glauben müssen — ohne irgendwelche
geschichtliche Orientierung zu besitzen.
Von den beiden Schriften — deren Umschläge leider
biedermeierisch gehalten sind — verdient die vom
Blumenkultus den Vorzug. Hier zeigt sich Licht-
warks Bedeutung am klarsten: er weiß zu begaben.
E. \v. B.
PERSONAL-NACHRICHTEN
W/EIMAR. Graf Leopold Kalckreuth hat wie-
der den Vorsitz des Deutschen Künstlerbundes
, den er vor Jahresfrist niedergelegt hatte, übernommen
.
CTUTTGART. Die neuerrichtete Stelle eines Vor-
^ Standes der Stuttgarter Gemäldegalerie im Hauptamt
ist dem Professor Dr. Max Diez übertragen
worden. Professor Dr. Konrad von Lange in Tübingen,
der die Stellung eines Inspektors der Gemäldegalerie
seither im Nebenamte bekleidete und sich, wie allgemein
anerkannt wird, große Verdienste um diese
Kunstsammlung erwarb, wurde durch die Große
goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft am
Bande des Ordens der Württ. Krone ausgezeichnet
und bleibt Mitglied der Kunstkommission. h. t.
DERLIN. Aus der Ernst Reichenheim-Stiftung er-
hielten die Maler Julius Heymann und Arthur
Dänewald je ein Stipendium von 600 M.
/GESTORBEN: In Frankfurt a. M. der Bildhauer
^-JC Franz Krieger ; in Düsseldorf der Landschaftsmaler
Balduin Wolff im Alter von 88 Jahren, einer
der Mitbegründer des Düsseldorfer Malkastens; in
ParisderMalerLouisWATELiN im Altervon72Jahren.
Redaktionsschluß: 19. November 1907 Ausgabe: 5. Dezember 1907
Für die Redaktion verantwortlich: F. Schwartz
Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-g — Druck von Alphons Bruckmann. — Sämtlich in München
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