Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 198
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-g-^d> DIE KÜNSTLERISCHE MEDAILLE UND IHRE GESCHICHTE <ö^~

o. roty

an die Lösung dieser
Aufgabe setzen,
und gerade diese
Einseitigkeit ist die
Bedingung ihrer
Größe. Sie sind
Medailleure und haben
diesen Namen
zu vollen und hohen
Ehren gebracht; unter
ihren Händen
wird das Wirkungsgebiet
der Medaille
bedeutend erweitert
, ihre Ausdrucksfähigkeit
aufs höchste gesteigert
. Während die
Vorderseite, wie es
im Wesen der Medaillegegründetist
,

zumeist für ein Bildnis reserviert bleibt, entwickelt
sich auf den Rückseiten ein unerschöpflicher
Reichtum an Formen und künstlerischen
Gedanken, an feinsinnigen, aus dem jeweiligen
Zweck der Medaille abstrahierten Bezügen,
bei deren Fassung und Formung die Phantasie
von sichrem Takt und vollendetem Geschmack
geleitet wird. Ohne Personifikationen und Allegorien
geht es dabei oft nicht ab. Doch
ist die Gefahr, in frostige Abstraktionen zu
verfallen, meist in der glücklichsten Weise
vermieden, indem die Künstler auch ihren allegorischen
Gestalten volle Blutwärme zu verleihen
wissen, übersinnliche und realistische
Züge ungezwungen und aus innerer Notwendigkeit
miteinander vermischt und zu neuer,
unlöslicher Einheit verbunden auftreten. An
dieser Renaissance der Medaille nimmtauch die
Technik teil, indem die

französischen Meister für ^^^ttk
die Ausführung gern zum
Erzguß greifen, und der
äußeren Erscheinungsform
Abwechslung zu verleihen
,wird dierunde Form
der Medaille nicht selten
durch die viereckige der
Plakette ersetzt, die der
Raumgestaltung neue Probleme
stellt.

Auf diesen Bestrebungen
aufgebaut erscheint der
Typus der modernen künstlerischen
Medaille mit
schlagender Kraft durchgebildet
in dem Werke von
J. C. Chaplain (Abb. Q. roty

plakette mit dem bildnis
seiner eltern « « «

S. 195 u. 196). Seine
starke, zuweilen
fast herbe Kunst
entwickelt er namentlich
in der
glänzenden Reihe
von Bildnismedaillen
, die in seinem
Schaffen einenbreiten
Raum einnehmen
. Mit wuchtigen
Strichen modelliert
er seine Köpfe in
breitenFlächen und
erreicht dadurch
auf dem kleinen
Medaillenfelde eine
wahrhaft monumentale
Wirkung,
die mit großer ernster
Ruhe der Erscheinung
gesteigerte Lebensenergie verbindet
. Der gleiche monumentale Zug geht
durch die Vollgestalten seiner figürlichen Darstellungen
mit der klar und einfach ausgesprochenen
Form und der großen Linie, der
Plastik ihrer Bewegungen. — Auf anderen, fast
entgegengesetzten Wegen strebt und gelangt
O. Roty zum Ziele (Abb. S. 197 u. 198). Sein
Schaffen charakterisiert eine minutiöse Detailarbeit
, ein Reichtum von Mitteln und Formen,
die er sicher zu ordnen und zu verwenden
weiß, ohne sich in der Fülle zu verlieren. Das
zeigt sich schon in den Porträtköpfen seiner
Medaillen und Plaketten, noch mehr in den
freien Phantasieschöpfungen, die bei ihm in
derselben Weise prävalieren, wie bei Chaplain
das Bildnis. Zum Ausdruck seiner reichen
Gedanken und Erfindungen hat er sich ein

äußerst delikates Relief
ausgebildet, das ihm erlaubt
, den feinverästelten
Empfindungsreihen seiner
erregbaren Seelebis in ihre
Tiefen nachzugehen. Den
ganzen Medaillengrund
löst er in künstlerische
Form auf, stimmt ihn zum
Räume um, mit Vorliebe
ihn mit landschaftlichen
Motiven ausfüllend. Es
ist ein malerisches Fühlen,
das sich hier ausspricht,
und über diesen malerischen
Impressionen liegt
es wie taufrische Maienstimmung
, ein weiches,
normannia nutrix leicht verschleiertes Emp-

N V

198


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